Ausgabe 01 - 2006 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Begehrtes Bethanien

Das Bethanien erlebte im Jahr 2005 ein Revival: Seit die ehemaligen Yorckstraßen-Bewohner im Juni den Seitenflügel besetzt haben, wird um das Haus am Mariannenplatz gebuhlt und gestritten. Was darf man dort und was nicht? Was schadet der Kunst, was dem Bezirk? Nach unschönem Platzhirschgerangel (mehr zur Jagdausstellung auf hier ...) seitens des Künstlerhauses Bethanien und allgemeiner Schmähung der noch nicht etablierten neuen Mitbewohner bekam das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg auf einer Versammlung Ende November den „Auftrag" zur Zukunftsgestaltung des Gebäudes. Im Dezember wurde dann getagt und beschlossen, daß ­ da die gefürchtete Privatisierung nun doch nicht stattfindet ­ ein neues Konzept für die Zukunft des Hauptgebäudes entwickelt werden müsse.

Nun ist das Modell für die Konzeptentwicklung da, und die stellt sich das Bezirksamt folgendermaßen vor: Eine geschlossene Arbeitsgruppe (!) soll innerhalb einiger Monate ­ genaugenommen bis Juni ­ ein Konzept „entwickeln". Am ersten Workshop der Arbeitsgruppe dürfen (!!) auch 30 (!!!) statistisch ausgewählte Bürger (!!!!) teilnehmen.

Hört sich alles nur beinahe nach Basisdemokratie an? Das findet die Initiative Zukunft Bethanien (IZB) auch und betrachtet das Vorhaben des Bezirksamtes als „fundamentalen Angriff auf die eigene, bisher sehr erfolgreiche Arbeit". Das Bezirksamt versuche, den Prozeß abzuwürgen, den die Initiative ins Leben gerufen habe. Ein Bürgerbegehren für ein kulturelles, künstlerisches, politisches und soziales Zentrum denkt nämlich bereits alternativ über die Zukunft des Bethanien nach. Gemeinsam mit interessierten Anwohnern und Bürgern plant die Initiative Zukunft Bethanien die nicht-kommerzielle Nutzung des Hauses durch und für alle.

An der vom Bezirksamt geplanten Gruppe sind dagegen weder Anwohner noch Öffentlichkeit wirklich beteiligt; außer den statistisch zu ermittelnden Bürgern sind alle Gruppen bzw. deren Vertreter vom Amt ausgesucht. Es soll wohl weniger diskutiert werden als bisher, sondern möglichst effizient und kostengünstig ein Konzept her. Und da haben sich selbstorganisierte Gruppen ja schon öfter bestens bewährt. Man kann nur hoffen, daß diese sich nun nicht in den Dienst rufen lassen, sondern lieber bei der von der Initiative Zukunft Bethanien veranstalteten öffentlichen Ideenwerkstatt aktiv werden, die am 18. Februar ab 13 Uhr im Südflügel des Bethanien stattfindet.

Moritz Kesslau

http://bethanien.info

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