Ausgabe 10 - 2004 berliner stadtzeitung
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Mehr als MTV

„UK Invasion": Beim Britspotting-Festival kommen auch Musikvideos zu ihrem Recht

Schon lange ist es kein Geheimnis mehr, daß sich in den Niederungen des Musikfernsehens auch mal ästhetische Sensationen verstecken. Wer sich diese Bilderwelten ausdenkt, wissen aber eigentlich nur Insider. Manchmal allerdings kann man diese Musikfilmchen geballt bei Festivals betrachten und sich ein paar Namen merken. So auch während der Spezialprogramme des Britspotting-Festivals, wo gerade die Musikvideo-Sparte beim Publikum immer sehr gut ankommt. Und da es auf diesem Gebiet so viel Zeigenswertes gibt, werden die audiovisuelle Kunst und die Musikvideos gesondert und kompakt gezeigt. „UK Invasion" heißt das Programm, das im Acud am ersten Dezemberwochenende zu sehen sein wird. Das heißt aber nicht, daß es im nächsten Jahr bei Britspotting keine derartigen Werke im Programm gibt. „UK Invasion ist nur ein Projekt von Britspotting. Wir haben gedacht, daß wir der audiovisuellen Kunst und den Musikvideos ein gesondertes Event widmen möchten", sagt Kasia Skibinska. Sie hat die Invasion vorbereitet und ist nach London und Edinburgh gefahren, um die Programme zu sichten. Das Projekt ist übrigens völlig unabhängig von Britspotting finanziert, also reine Liebhaberei und Selbstausbeutung, unterstützt von der Berliner Technischen Kunstschule, einer privaten Schule für Graphikdesign. Das British Council, das Britspotting sonst sponsert, konnte nur mentale Unterstützung zusagen. Der Ort bleibt jedoch derselbe, das Acud-Kino. Und hoffentlich bekommt dieses Lichtspielhaus dadurch wieder ein paar mehr Zuschauer, die das Kino wieder- oder sogar neu entdecken.

Drei Schwerpunkte wird es geben. Die audiovisuelle Kunst wird dabei durch das Programm von Onedotzero repräsentiert. Onedotzero ist das älteste Digitalfilmfestival der Welt und auch das wichtigste. Es war schon in über 50 Städten weltweit zu Gast und zeigt nicht nur „Kunstvideos", sondern auch Kurzfilme, anspruchsvolle Musikvideos und außergewöhnliche Werbeclips.

Noch mehr Musikvideos kommen von Mirrorball, dem zweiten Schwerpunkt, einer Sektion des Edinburgh Filmfestivals. Dieses Programm kam schon in den letzten zwei Jahren beim Publikum gut an. Außerdem werden im „South American Showcase" Clips aus Südamerika gezeigt, die sonst in Deutschland nicht zu sehen sind und bei Britspotting naturgemäß keinen Platz finden. Der dritte Schwerpunkt sind die Arbeiten von Addictive TV, einem Londoner Künstlerkollektiv ­ VJs, Videokünstler und Fernsehproduzenten, die audiovisuelle Kunst machen. Sie sind in der Club- bzw. Kunstszene sehr bekannt und touren durch die ganze Welt.

Interessant ist sicher auch „The Film Remix Project" von Addictive TV, bei dem audiovisuelle Künstler sich Filmklassiker und alte B-Filme vorgenommen haben, um sie neu oder anders zu schneiden, um ihnen neues Leben einzuhauchen. Zudem ist am Freitagabend eine Addictive TV Lounge im Café Panther geplant, wo man auch bunte Bilder an der Wand sehen kann. Insidern sei noch gesagt, daß der neue Shootingstar der Szene, Dougal Wilson, der bereits einen Preis als bester Musikvideo-Regisseur sein Eigen nennt, sein Programm „David does Dougal" höchstpersönlich zwischen den einzelnen Clips erklären und seine Arbeiten mit Mirrorball-Organisator David Drummond diskutieren wird.

UK Invasion zu besuchen, lohnt sich allemal, wenn man sich für besondere Filme interessiert, seien sie „nur" Kunst oder „nur" Videoclips, die ungefähr 90 Prozent des Programms ausmachen. Wen das abschrecken sollte, der lasse sich von Organisatorin Kasia Skibinska folgendes gesagt sein: „Wenn die Musik schön ist, und dann siehst du die Bildchen dazu, du sitzt im Kino, es ist dunkel ... das ist einfach ein Traum." Genau.

Ingrid Beerbaum

„UK Invasion" vom 3. bis 5. Dezember 2004 im Acud, Veteranenstraße 21 in Mitte, weitere Informationen unter www.britspotting.de

 
 
 
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