Ausgabe 10 - 2004 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Kurzkultur

auftakt

Das legendäre Undergroundcomic Renate feiert! Am Sonnabend, dem 4. Dezember läuft ab 21 Uhr im Schokoladen die Comic-Releaseparty für das 14. Renate-Heft. Mit dabei: Auge und HerrSchneider, Überraschungsgäste und DJs. Eingeladen sind Comicfans, Freunde des Schokoladens und Freunde gu-ter Partys. Das Comicheft Renate 14 gibt es gegen eine Spende. Für Getränke gelten leider Festpreise. Die Comicbibliothek „Bei Renate" präsentiert am gleichen Tag von 16 bis 18 Uhr die Comics aller Künstler und Künstlerinnen, die sich am Comicwettbewerb zum Thema „Arbeit", gleichzeitig Thema des Heftes, beteiligt haben.

*„Renate 14"-Comic-Releaseparty am 4. Dezember, 21 Uhr im Schokoladen, Ackerstr.169/170, Mitte. Die Comicausstellung wird am 4. Dezember um 16 Uhr eröffnet, danach jeweils Mo bis Do 14 bis 20 Uhr, Fr 14 bis 19 Uhr,Sa 13 bis 18 Uhr in der Comicbibliothek „Bei Renate", Tucholskystr. 32, Mitte

aufwasch

Aufführungen von Georg Friedrich Händels Messias, einem beliebten Weihnachtsstück, folgen heute selbstverständlich dem ursprünglichen Notentext, werden nicht selten auf sogenannten Originalinstrumenten exekutiert. Im 19. Jahrhundert war das anders. Carl Friedrich Zelter etwa bearbeitete 1817 das Oratorium für eine Aufführung mit seiner Berliner Sing-Akademie. Diese Bearbeitung ist mit dem Archiv der SingAkademie vor kurzem in der Ukraine wieder aufgetaucht und kommt jetzt unter Joshard Daus, dem heutigen Leiter der Sing-Akademie wieder zur Aufführung ­ Händel mit einem vermutlich aufschlußreichen Verfremdungseffekt.

* „Der Messias" von Georg Friedrich Händel in der Bearbeitung von Carl Friedrich Zelter, am 14. Dezember in der Philharmonie, Joshard Daus dirigiert die Sinfonia Varsovia aus Polen und das Zelter-Ensemble der Sing-Akademie zu Berlin, Solisten: Mojca Erdmann, Tina Hörhold, Maximilian Schmitt und Locky Chung, Karten zu 10, 15, 20 und 25 Euro, Konzertdirektion Adler fon 8264727

auftritt

Darauf hat die Welt gewartet, daß sich der Goldene Zitronen-Trommler als Solokünstler die Lorbeeren verdient. Na endlich ... Rock! heißt das Album von Enno Palucca und brilliert mit einer ausgetüfftelten LoFi-Attitüde zwischen Casio-Drumcomputer und Trio-Ästhetik. Keine ernste Sache, dafür eine Menge Spaß und Ironie im ambitionierten Schrammelrock-Gewand. Live garantiert eine ganz große Nummer!

* Enno Palucca am 16. Dezember um 21 Uhr im KingKongKlub, Brunnenstraße 173, Mitte, Eintritt 6 Euro

aufguß

Frei nach Mozarts Don Giovanni zeigt das Theater Thikwa sein Stück Sehnsucht 420. Die Theaterwerkstatt Thikwa bringt seit 1990 geistig und körperlich behinderte und nicht behinderte Schauspieler, Tänzer und Regisseure zusammen und untersucht die Grenzbereiche von Schauspiel, Performance, Musik, Sprache und Tanz. Im ersten Akt von Sehnsucht 420 befaßt sich die niederländisch-koreanische Regisseurin und Choreographin Eunice Maurice mit der Architektur des Körpers und setzt sich abstrakt mit den Gefühlen Don Giovannis und seiner Opfer auseinander. Die Regisseurin des zweiten Aktes, Astrid Vehstedt, konfrontiert die Darsteller mit der eigenen Wirklichkeit, um eine konkrete Erzählung herauszuarbeiten.

* „Sehnsucht 420" vom 9. bis zum 12. Dezember jeweils um 20 Uhr im Tacheles, Oranienburger Straße 54-56, Mitte

aufgepaßt

Daß sich AIDS in Osteuropa auf dem Vormarsch befindet, ist mittlerweile bekannt. Weniger bekannt sind die konkreten Lebensbedingungen der infizierten Menschen. Der Dokumentarfilm So wollen wir nicht sterben. AIDS in Odessa von Karsten Hein schildert die bedrückende Lage der AIDS-Kranken in der ukrainischen Hafenstadt Odessa, die nach einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation schon 10 Prozent der dortigen Bevölkerung ausmachen. Dazu kommt eine Tuberkulose-Epidemie. Vom Staat alleingelasssen, ohne ausreichende medizinische Versorgung und von ihren Mitmenschen oftmals wie Aussätzige behandelt, sehen die Betroffenen sich zudem gezwungen, ihre Ansteckung zu verheimlichen und begünstigen dadurch eine noch rasantere Ausbreitung der Epidemie.

* „So wollen wir nicht sterben" läuft am 1. Dezember um 19 Uhr, am 4. und 5. Dezember um 16.30 Uhr und am 8. Dezember um 17.30 Uhr im Lichtblick, Kastanienallee 77, Prenzlauer Berg. Außerdem am 9. Dezember um 20 Uhr im Kino Krokodil, Greifenhagener Straße 32, Prenzlauer Berg, und vom 2. bis zum 8. Dezember jeweils um 19 Uhr im Xenon, Kolonnenstraße 5, Schöneberg

aufbruch

In Zeiten des politischen Aufbruchs Anfang der siebziger Jahre ­ lang ist's her ­ wurde in Westberlin, wo gerade 18 aufmüpfige Studenten von der Filmhochschule geworfen worden waren, ein Filmverleih mit explizit politischem Anspruch gegründet: Basis-Film hat auch selbst elf Filme produziert, darunter der Berliner Arbeiterfilm. Die Gruppe um Harun Farocki und Christian Zweier weitete den Fokus bald auf Frauenthemen und Filme, die sich mit Nationalsozialismus und Holocaust auseinandersetzen. Die Unternehmung, die angetreten war, „Zuschauer zu qualifizieren, qualifizierte Filme zu sehen", feiert nun das 30jährige Bestehen. Zum Jahreswechsel gibt es im Kellerkino Arsenal die Gelegenheit, sich darauf zu besinnen, was politisches Kino einmal war und vielleicht sogar heute noch ist. Etwa anhand des ersten Basis-Films Liebe Mutter, es geht mir gut, der „proletarische Wirklichkeit" im Märkischen Viertel 1971 zeigen wollte ­ oder anhand von Texas Kabul (2004), wo Politaktivistinnen von heute zu Wort kommen.

* „Vom aufrechten Gang – 30 Jahre Basis-Film Verleih Berlin", vom 5. Dezember bis zum 11. Januar im Kino Arsenal, Potsdamer Str. 2, Tiergarten, www.fdk-berlin.de

aufgabe

Baumeister für Berlin heißt ein 700-Seiten-Band von Dietmar Treiber nach dessen gleichnamiger Artikelserie in der Berliner Morgenpost, der nun im Eigenverlag erschienen und für 33 Euro im Kundencenter der Zeitung erhältlich ist. Nahezu 1400 Denkmale in allen Berliner Bezirken werden mit Farbfoto und kurzen Texten vorgestellt, unter Nennung von 1534 Baumeistern, Architekten und Ingenieuren (darunter ganze fünf Frauen). Da der Band überwiegend Wohnhäuser vorstellt, ist er eine interessante Ergänzung zu den einschlägigen Publikationen etwa der Berliner Denkmalpflege. Wünschenswert wäre als nächstes ein Lexikon, das über den Werdegang nicht nur der berühmten, sondern aller Personen ausführlicher berichtet. Es dürfte einem neugierigen Lesepublikum auch Fragen beantworten wie: Haben die Architektin Emilie Winkelmann und die Baumeister Gebrüder Winkelmann miteinander zu tun? Verbindet eine zufällige Namensgleichheit oder Verwandschaft Hans, Moritz und Richard Lande?

 
 
 
Ausgabe 10 - 2004 © scheinschlag 2004/2005