Ausgabe 01 - 2002 berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Zwischen Schauspiel und Zirkus

Das Theater Clipa aus Tel Aviv kommt nach Berlin

In der Berliner Veranstaltungsflut ist es kaum möglich, die Übersicht zu behalten um zu vermeiden, daß man etwas verpaßt. Deswegen hier der Hinweis: Wer sich für im weitesten Sinne experimentelles Theater interessiert, sollte sich das Gastspiel des Tel Aviver Theaters Clipa nicht entgehen lassen. Und das könnte ungefähr so aussehen: Auf einem Berg sitzend erzählt eine Gestalt mit eigentümlichem Kopfputz etwas Unverständliches, während im Hintergrund eine blaue Mondsichel untergeht. Ein Mensch schält sich langsam aus einer Art Kokon und tapert orientierungslos herum. Nach und nach füllt sich die Bühne, und ein märchenhaftes, farbenfrohes Spektakel beginnt.

Die seit 1995 bestehende Truppe um Dimitrij Tjulpanov und Idit Herman hat viel Lob und internationale Preise eingeheimst. Allenthalben war man begeistert vom Einfallsreichtum der Inszenierungen, die selbst den verwöhnten Zuschauer noch überraschen können. Diesen erwartet eine buntschillernde Mischung aus expressivem Schauspiel und Zirkus. Dabei ist das Bühnenbild nicht einfach Hintergrund, genauso wenig wie die eigens für die Produktion komponierte Musik. Die Atmosphäre osziliert zwischen verträumt und melancholisch.

Wer sich ein wenig an das neuere russische Theater erinnert fühlt, liegt nicht falsch, denn Regisseur Tjulpanow ist in Leningrad (UdSSR) geboren und ausgebildet worden. Die Mischung von Theater und Zirkus hatte in den Zwanzigern eine kurze Blütezeit, als z. B. Majakowskij seine Stücke im Zirkus aufführen ließ, um die Massen zu erreichen.

Diesen Impetus hat man bei Clipa nicht, man möchte das Publikum bezaubern. So auch mit dem Stück Labyrinth, das in Berlin gezeigt wird. Es verwendet antike mythologische Elemente und schickt den Zuschauer auf eine sinnliche Reise, vielleicht zu seinem Innersten. Und wenn nicht, dann wenigstens ins Land der Phantasie.

ib

„Labyrinth", Theater Clipa im Tränenpalast am S-Bahnhof Friedrichstraße, 12. bis 15., 17.-19 und 21. Februar, jeweils 21 Uhr, Kartentel.: 20610011

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