Ausgabe 01 - 2002 berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Informationspolitik und Ambient Music

Die Transmediale lädt ins Haus der Kulturen der Welt

Wenn Anfang Februar die schwarzgewandeten und übernächtigt aussehenden Massen wieder die Gegend um den Potsdamer Platz bevölkern, werden sie sich vielleicht in diesem Jahr auch auf den Weg zum Haus der Kulturen der Welt machen, zur ultimativen Festival-Überdosis. Denn hier wird in diesem Jahr die „Transmediale" abgehalten; das erste Mal an diesem Ort wohlgemerkt, insgesamt zum fünfzehnten Mal. Das Podewil als Austragungsort ist für den Besucherstrom zu klein geworden.

Wen der Name immer noch ein wenig abschreckt, dem sei gesagt: Es geht um digitale Medien und die Reflexion darüber. Das umfaßt sowohl Videokunst als auch interaktive Medien wie das Internet. Das sollte die Schwellenangst mindern, denn diese Ausdrucksformen sind wahrlich nichts Exklusives mehr. Das diesjährige Motto ist: „Go Public". Es geht also um Öffentlichkeit, und die ist breitgefächert. Zum Programm gehören neben einer Ausstellung, Videoscreenings, einer Konferenz, Workshops und dem Wettbewerb auch ein während des Festivals geöffneter Club. Dieser liegt in den definitiv letztmalig geöffneten Räumen des E-Werk.

Die Ausstellung zeigt einen Querschnitt aktueller Videoinstallationen, neueste Arbeiten der Videokunst werden während der Screenings präsentiert. Die Konferenz wird sich mit der Frage beschäftigen, was Öffentlichkeit im digitalen Zeitalter bedeutet und wie sich das Handeln im öffentlichen Raum verändert. Als Stichwort seien Webcams genannt. Als Referenten sind Künstler und Theoretiker gleichermaßen geladen. So stellt z. B. der österreichische Künstler Konrad Becker sein Projekt „worldinformation.org" vor ­ die Kartographie der weltweiten Informationsmaschine, eine kritische künstlerische Auseinandersetzung mit Informationspolitik. Ein Vertreter des Chaos-computer-Clubs wird über die Blinken Lights-Installation am Haus des Lehrers sprechen. Außerdem wird es eine Präsentation der besten Animationen geben. Sogar eine Preisverleihung ist geplant.

Teil der Ausstellung ist auch in diesem Jahr wieder die Medienlounge, die nun endlich prominent im Foyer des Hauses der Kulturen der Welt ihren Platz findet. Hier können sich Interessierte in leidlich gemütlicher Atmosphäre bei Schummerlicht und Ambient Music neueste Arbeiten sowohl internetbasierter Kunst als auch Videos ansehen.

Obwohl die Transmediale eine unabhängige Gründung aus der Berlinale heraus ist – daher auch der zeitgleiche Termin – gibt es wenig Überschneidungen beim Publikum. Man muß sich entscheiden, wo man hinwill. Daß die Transmediale nach dem Standortwechsel vom Potsdamer Platz aus fußläufig zu erreichen ist, könnte sich jedoch als günstig erweisen. Zudem bemüht sich Leiter Dieter Kosslick um Kooperationsansätze mit der Berlinale. Auch werden bei den Filmfestspielen Transmediale-Specials laufen, unabhängig von Programmen und Sektionen. Für die Zukunft ist eine umfassendere Zusammenarbeit zwischen beiden Festivals geplant, wobei natürlich die Transmediale ihre Eigenständigkeit behält. Die Kooperation trägt dem mittlerweile unübersehbaren Umstand Rechnung, daß die Grenzen zwischen digitalen Medien und dem Film nicht mehr so eindeutig sind wie noch vor einigen Jahren. Wie das aussehen wird, kann vielleicht schon 2003 in Augenschein genommen werden.

Als Köder seien hier noch einige Highlights genannt. So können sich noch bis Ende Januar Künstler mit ihren Arbeiten unter info@transmediale.de anmelden, die dann im Salon des Foyers gezeigt werden. Besonders ans Herz gelegt sei das Videoprogramm „Strange Guys", das Filme von jungen Männern zeigt, die mit ihrer Wahrnehmung von Wirklichkeit hadern. Das verspricht amüsant zu werden. Zur Konferenz wird der Chefredakteur des arabischen Senders Al Jazirah erwartet. Und natürlich gibt es im Wettbewerb die neuesten, richtungsweisenden Arbeiten auf dem Gebiet der Videokunst und interaktiver Medien zu sehen.

Ingrid Beerbaum

Transmediale, Haus der Kulturen der Welt, 5.-17. Februar, weitere Infos unter www.transmediale.de

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