Ausgabe 06 - 2001 berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Musik für die Massen

Sammelsurien

Natürlich geht es um Musik, nur schaut man sich das Booklet der neuen Neoangin an, so könnte es genauso gut um Comic-Pop-Art gehen. Musik und Bilder entstammen den gleichen Künstlerhänden und ergänzen sich surreal-ideal. Hinter Neoangin verbirgt sich der Berliner Künstler Jim Avignon. Nachdem er sich Mitte der Neunziger im Hype um seine kleinen Comicwelten in der Werbemaschine verrannt hatte, suchte er seine Rettung im Musikmachen. A Friendly Dog ... (Wonder) ist nunmehr sein viertes Album und beweist, daß die Rettungsaktion gelungen ist. Vollgestopft mit 33 (!) kleinen Orgel-Pop-Geschichten im eineinhalb-Minutenformat drängeln sich Plastikrock und fröhliches Melancholie-Songwriting nebeneinander.

Ähnlich unbekümmert schraubt Rob sein musikalisches Universum zusammen. Während auf A Friendly Dog ... alles nach Flohmarkt und LoFi klingt, ist Don´t kill (Source/Labels) Bombast-Hochglanz. Steht Neoangin für Ironie so ist Rob Pathos pur. Aufgebaut ist der Synthieglaspalast aus siebziger und achtziger Electronik-Kitsch à la ELO und na klar ­ Rob ist schließlich Franzose ­ aus Teenager-Schmonz in bester La Boum-Manier. So weich und glatt hat Electronik noch nie geklungen. Eigentlich überschreitet diese Platte jede Peinlichkeitsgrenze ­ und deswegen macht sie so viel Spaß.

Zumindest einen Track lang hat sich dieser Virus auch auf der neuen Mouse On Mars eingenistet: Passenderweise heißt der Song „Presence" und beginnt mit Vocals in bester Art-Rock-Tradition, die sich im Original auf einer der ganz frühen Genesis-Scheiben befinden könnte. Doch allem Siebziger-Sound zum Trotz verliert sich die Retro-Harmlosig- und Eindeutigkeit schnell: Gedehntes.

Orgelgedöns mag ja noch dazugehören und Waldhorn meintwegen auch, aber dann gibt es noch dieses Hintergrund-Klacken und andere elektronische Störfälle. Die vermeintlich althergebrachte Harmonie löst sich unter den Ohren des Zuhörers auf. Hier gibt es keine widerspruchsfreie Glattheit. Betreiben die französischen Kollegen die Suche nach dem perfekten Süßholz-Sound steht bei Idiology (Sonig) alles im Zeichen von „Fantastic Analysis", wie der letzte Song zu Recht heißt.

Marcus Peter

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  Ausgabe 06 - 2001
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