Ausgabe 03 - 2001 berliner stadtzeitung
scheinschlag

Diese Ausgabe

Inhaltsverzeichnis


Zur Homepage

We fight for you

Wie die BSR ihr Standortproblem löst

Der Winterdienst der Berliner Stadtreinigung bekommt Unterstützung aus dem All. GPS heißt die Zauberformel und lautet ausgesprochen "Global Positioning System". Vorstellen muss man sich das in etwa so: Das kleine erdgebundene orange Streu- und Räumfahrzeug der BSR, das einsam und verloren über die Berliner Straßen kurvt, immer verzeifelt auf der ultimativen Suche nach den allerneuesten Schneeflocken, wird im nächsten Winter von 24 Satelliten in 20 Tausend Kilometer Höhe an die Funkleine genommen. Diese Satelliten senden ständig Signale in Richtung Erde. Aus der Position von vier Satelliten lässt sich auf den Meter genau im Bordcomputer des BSR-Fahrzeugs festhalten, wo die "bemannte Räumfahrt" sich im Moment befindet, ob die Insassen auch schön Splitt und Salz streuen, Schnee wegpflügen wie die Berserker – oder etwa ziellos durch die Gegend kurven, ein kleines, unerlaubtes Nickerchen einlegen, ja, eventuell sogar Spritztouren zur nächsten Imbissbude unternehmen.

Damit ist dann endgültig Schluss! Eigentlich ist der ganze Zinnober für die Versicherungen gedacht. Bisher mussten die Fahrzeugführer immer zwischendurch anhalten, um in ihrem Fahrtenbuch, dem so genannten "Streubuch", akribisch festzuhalten, was sie wann, wo, wie genau gemacht haben, damit Unfälle wegen nicht geräumter Straßen nicht zu Lasten der BSR gehen. Jetzt endlich können sie mit "Lichtgeschwindigkeit" durch die Straßen düsen und sich fühlen, als ob ihnen Spock über die Schulter schaut: "Faszinierend".

Bisher findet man GPS schon in den Autos der höheren Preisklasse, die sich damit durch das Straßenwirrwarr lotsen lassen, angeblich jeden Stau damit zügig umfahren können und überhaupt wie von Engeln geleitet schnellstmöglich ans Ziel kommen. Nun ist so ein BSR-Fahrzeug wahrlich keine Luxuskarosse, aber ein bisschen BMW-Feeling sollte sich auch für die wirklichen "Straßenfeger" abzwacken lassen. Vielleicht wird in naher Zukunft weiter nachgerüstet: holzvertäfelte Amaturenbretter, Quadro-Sound-Stereoanlagen und Internetanschluss böten sich für den Anfang an. Dass die BSR durch GPS unter die Schirmherrschaft des US-Verteidigungsministeriums gerät, – denen gehören nämlich die Satelliten – sollte da doch kaum noch stören. Ursprünglich diente GPS der US-Army. Eine zweifelhafte Referenz, denn vor ein paar Tagen bombardierte die US Air Force in Kuwait ihre eigenen Truppen – trotz globalem Standortsystem. Vielleicht tauschen die BSR-Mannen ihre orangfarbenen Overalls lieber vorsorglich schon mal gegen Tarnkleidung ein.

R.L.

© scheinschlag 2001
Inhalt dieser Ausgabe | Home | Aktuelle Ausgabe | Archiv | Sitemap | E-Mail

  Ausgabe 03 - 2001