Ausgabe 12 - 2000 berliner stadtzeitung
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Poetische Plastetüte

Die Seele funkt SOS: Regisseur Edward Berger mit „Frau2 sucht HappyEnd" in Seenot

Zwei Menschen finden sich durch das Radio und das Internet, in einem sogenannten Chat-Room ­ daraus kann man einen netten, zeitgemäßen Film machen. Dachte sich der Regisseur Edward Berger von „Frau2 sucht HappyEnd" wohl auch, zumal es in Korea schon funktioniert hat. Inspiration gab nämlich der Film „The Contact" eines koreanischen Regisseurs.

Also: Junge Frau ist unglücklich verliebt ­ in den Freund der Freundin und Mitbewohnerin. Nicht mehr ganz junger Mann, seines Zeichens Radiomoderator, ist auch unglücklich, einer verlorenen Liebe wegen. Er spielt in seiner Talk-Radiosendung nur traurige Lieder und wird von unglücklichen Menschen angerufen, die zum Beispiel nach über 20 Jahren von ihrer Frau verlassen wurden. Moderator Gregor Reuther (Ben Becker) raucht und trinkt zuviel und trauert hemmungslos vor sich hin.

Die junge Frau hat einen Unfall und hört währenddessen Gregors Sendung, der zum Unfallzeitpunkt ein extra trauriges Lied spielt. Ihr passiert nichts, und sie fühlt sich von der Musik beschützt. Sie kontaktiert Gregor, um eine Aufnahme zu bekommen. Fortan chatten sie miteinander unter dem titelgebenden Tarnnamen und entwickeln diffuse Gefühle füreinander. Zwei unverstandene, romantische Großstadtseelen auf der Suche nach dem Glück. Es hätte ein poetischer Film werden können.

Natürlich laufen sich die für einander bestimmten mehrmals ahnungslos über den Weg. Da sitzen sie etwa Rücken an Rücken in einem Café und starren versonnen auf die ach so pittoreske Karl-Marx-Allee (beim Kino International). Und zufällig weht der Wind eine orange Obstplastetüte am Fenster vorbei, die noch einige Male auftaucht wenn etwas passiert, zum Beispiel der besagte Unfall. In „American Beauty" hatte das Tütenvideo eine Funktion und war poetisch. Hier nicht.

Die junge Frau Mai Winter (!) spielt die auf Niedlichkeit reduzierte Isabella Parkinson. Sie ist die treibende Kraft und der Überzeugung, dass füreinander bestimmte Leute sich finden werden. Ben Becker darf als Moderator mit seiner tiefergelegten Stimme ordentlich den Blues verbreiten. Die verflossene Geliebte ist übrigens eine Sängerin, die zumeist nur als Plakat mit dem Gesicht von Sabrina Setlur präsent ist, die einen kleinen Cameo-Auftritt hat. Von der niedlichen Mai erfährt man so gut wie nichts. Sie scheint ausschließlich von Luft und Hoffnung zu leben.

Ansonsten hat Regisseur Berger als Locations bekannte Orte Berlins ausgesucht, zu denen nunmehr auch die Karl-Marx-Allee jenseits des Straussberger Platzes zu gehören scheint. Natürlich kriegen sich die beiden schließlich und der Blues spielt. Als Privatsenderfilm ginge die Geschichte durch, im Kino trägt sie nicht. Aber eines ist schön: das melancholische Lied, das die Geschichte ins Rollen bringt. Die Sängerin heißt Linda Carriere, das Lied „How Can We Hang on to a Dream".

Ingrid Beerbaum

„Frau2 sucht HappyEnd" R: Edward Berger, D: Isabella Parkinson, Catrin Striebeck, Ben Becker
Kinostart: 11.Januar

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  Ausgabe 12 - 2000