Ausgabe 09 - 1999berliner stadtzeitung
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Denkmal für Euthansieopfer seit 10 Jahren ohne Standort

"Ein fertiges Denkmal und kein Standort" titelte der Tagesspiegel bereits im Mai 1995. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Seit fast 10 Jahren steht im Garten der Weissenseer Bildhauerin Franziska Schwarzbach eine Figur, die eigentlich auf dem Gelände des Klinikums Buch bei Berlin den dortigen Opfern der Hirnforschung zwischen 1939-45 gedenken soll. In diesen Jahren war das auf dem Klinikgelände beheimatete Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung Nutznießer der Euthanasieverbrechen an sogenannten behinderten Menschen und KZ-Häftlingen. Nach 1945 wurde aus dem Kaiser-Wilhelm-Institut die Max-Plank-Gesellschaft. Doch über ihre Beteiligung an den NS-Verbrechen wurde in Ost wie West geschwiegen.

Ende der 80er Jahre wurde das Klinikum Buch doch noch von der Vergangenheit eingeholt. Auf dem Gelände wurden die Überreste von fast 3000 Euthanasieopfern gefunden, die dort kurz vor Kriegsende vergraben wurden. Im Mai 1990 wurden sie auf dem Münchner Waldfriedhof beigesetzt. Selbst die US-amerikanische Wissenschaftszeitung "Nature" berichtete darüber. Ein Beitrag mit Folgen zumindest für Frau Schwarzbach. Die Bildhauerin hatte noch vor der Wende den Auftrag zur Porträtierung von Dr. med. Franz Jung erhalten. Doch nach 1989 galt der langjährige Direktor des Zentralinstituts für Molekularbiologie in Berlin-Buch als zu systemnah und der Auftrag wurde storniert. Mittlerweile hatte Frau Schwarzbach auch andere Pläne. "Nach dem ich über die Euthanasieaktion in Buch gelesen hatte, dachte ich mir, bevor ich womöglich einen Arzt porträtiere, der an der Euthanasieaktion beteiligt war, widme ich lieber den Opfern ein Denkmal.". Ende 1991 wurde ein Mahnmal bei ihr in Auftrag gegeben, allerdings mit der Auflage, dass die Künstlerin sich selbst um die Beschaffung der notwendigen Sponsorenmitteln kümmern muss.

Eine wahre Behördenodyssee begann. Der Schriftwechsel von Frau Schwarzbach umfasst mittlerweile mehrere Ordner. Anträge gingen an die Senatsverwaltung für Kulturelle Angelegenheiten, die Stiftung Kulturfond e.V., an den Kunstfond in Bonn, die Stiftung Deutsche Klassenlotterie, die Senatsverwaltung Bauen und Wohnen. Die Antworten hatten immer den gleichen Tenor: "Wir bedauern, dass die Zweckbestimmung unserer Gelder eine Förderung ihres Projektes nicht zulässt". Auch mehrere Unterstützungsaktionen änderten daran nichts Die Berliner Ärztekammer sprach sich ebenso für eine rasche Aufstellung des Mahnmals aus wie Behindertenverbände. Auch die CDU im Pankower Rathaus sicherte der Künstlerin unverbindlich ihre Unterstützung zu. In der Zwischenzeit hatten sich die Mediziner in Berlin-Buch nach heftigen Diskussionen auf einen kurzen Text geeinigt, der neben der Statue angebracht werden sollte. "Da ging es hoch her. Die Ärzte haben sich richtig angeschrien", erinnert sich Franziska Schwarzbach.

Doch getan hat sich nichts. Die letzte offizielle Stellungnahme erfolgte im Oktober 98. Auf eine Kleine Anfrage des PDS-Abgeordneten Dieter Klein im Abgeordnetenhaus antwortete der Senat von Berlin. "Bei der Prüfung der Bauplanungsunterlagen zum Umbau des Oscar-Cecilie-Vogt-Hauses zu einem Gewerbezentrum auf dem Biomedizinischen Forschungscampus Berlin-Buch (BBB) ist dem Träger des Vorhabens mitgeteilt worden, daß Kunstwerke aus GA-Mitteln nicht zuwendungsfähig sind."

Nach den jahrelangen Auseinandersetzungen hatte sich Franziska Schwarzbach innerlich schon damit abgefunden, daß die Statue nicht mehr aufgestellt wird. Doch vor allem die wieder aufgeflammten Auseinandersetzungen um den Umgang mit den Euthanasieopfern, haben ihr neuen Kampfesmut gegeben: "Ich will das Mahnmal an dem Ort der Täter aufstellen."
Peter Nowak

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