Ausgabe 09 - 1999berliner stadtzeitung
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Kein Heim für Künstler

Mieter passen nicht ins Konzept des Hotels "Künstlerheim Luise"

Die Eröffnung des Hotels "Künstlerheim Luise" in der Luisenstraße 19 (Mitte) im September wurde in Kulturkreisen als gelungene Wiederbelebung des seit 1994 leer stehenden Gebäudes gewürdigt. Doch das Haus stand keineswegs leer. Von den ursprünglichen Wohnungsmietern sind allerdings nur zwei Mietparteien übrig geblieben, die den Vertreibungsversuchen der Hauseigentümer Torsten Modrow, Mike Buller und Christian Brée widerstanden haben und sich auch nicht rauskaufen lassen: der Arzt Mathias Hucko, der nicht zulassen will, dass die Dreistigkeit der Eigentümer Erfolg hat, und der 75-jährige "Pudel-Paule", der auf keinen Fall ausziehen will: "Nur über meine Leiche."

Beide wohnen derzeit im Seitenflügel, wo die S-Bahn im Minutentakt vorbeifährt. Mathias Hucko würde gern in seine Wohnung im Vorderhaus zurückziehen. Im März zog er in die Umsetzwohnung im Seitenflügel. Die Modernisierungsarbeiten in seiner Wohnung sollten drei Monate dauern, doch der Mieter wurde nach der Renovierung nicht mehr in seine Wohnung zurück gelassen - die Türschlösser sind ausgetauscht worden.

Die Willkürmaßnahmen der Eigentümer begannen schon früher. Als erstes wurden die Schlösser des Abstellraumes ausgetauscht: An untergestellte Sachen oder Kohlen war nicht mehr heranzukommen. Während der Bauarbeiten entstanden in den Wohnungen erhebliche Wasserschäden, weil das Dach nicht sachgemäß abgedeckt wurde. Erst nachdem das Landesdenkmalamt eingeschaltet worden war, änderte sich etwas daran. Beim Renovieren wurden in "Pudel-Paules" Wohnung Elektroleitungen offen liegen gelassen. Das Bezirksamt musste benachrichtigt werden, damit Abhilfe geschaffen wurde, um den stark sehbehinderten Rentner vor einem möglicherweise tödlichen Unfall zu bewahren. Im Treppenhaus des Seitenflügels funktioniert auch nach mehrmaliger Aufforderung das Licht nicht. Hucko ist erst kürzlich im Dunkeln gestürzt, wobei seine Brille zu Bruch ging.

Ihm sagte Modrow ganz offen, dass er nicht ins Konzept des Hauses passe. Früher wohnten im ersten Stock des Vorderhauses tatsächlich Künstler, doch diese haben mittlerweile das Weite gesucht. Vielleicht passen diese Künstler auch nicht ins Konzept.
js

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