Ausgabe 09 - 1999berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Striederklemann blasen den Marsch

Bezirke trommeln dagegen

Beim obligatorischen Spatenstich für die Gestaltung des Platzes der Republik haben die Senatoren Strieder (SPD) und Klemann (CDU) den Bezirken so ganz nebenbei vorgeworfen, diese gingen bei Sondernutzungsgenehmigungen für Feste und andere Großveranstaltungen fahrlässig mit dem öffentlichen Raum um. Insbesondere Senator Strieder warf den Bezirken vor, sie hätten beim Einstreichen der anfallenden Gebühren vor allem die eigenen Bezirkssäckel im Auge. Als Beispiele für die Mißnutzung wurden der Platz der Republik, der Platz vor dem Brandenburger Tor, der Pariser Platz, der Gendarmenmarkt und die Straße Unter den Linden genannt.

Verwundert reibt man sich die Augen: So hat gerade der Senat die Millenniumsfeier an sich gerissen und schon im Vorfeld durch die Gewährung von Sondernutzungsrechten an die wohlklingende Gesellschaft "Silvester in Berlin" weitestgehend alles festgezurrt - ehe überhaupt die Bezirke Mitte und Tiergarten Einfluß nehmen konnten. Gerade noch so gelang es ihnen, die gröbsten Auswüchse zu verhindern, nachdem sie massiv eine eigene Beteiligung eingefordert hatten. Und bei der Genehmigung der Love-Parade, die immer noch unter dem abgenutzten Deckmäntelchen der politischen Demonstration durch die Bezirke wummern darf, macht man sich über die Einwände von Charlottenburg, Tiergarten und Mitte beinahe lustig: Provinzattitüden und Kiezseligkeit! Hier spielt jetzt eine andere Hauptstadtmusik!

Die zentralen Großveranstaltungen der letzten Jahre wurden vom Senat - häufig an den Bezirken vorbei und gegen deren erklärtes Interesse - genehmigt. Deswegen fühlen sich die Bezirksbürgermeister aus Mitte und Tiergarten, Joachim Zeller und Jörn Jensen, zu Unrecht an den Pranger gestellt und wehren sich entschieden gegen ein allerneuestes Ansinnen: die Einrichtung einer Dienststelle beim Senat, die eine kommerzielle Aneignung des öffentlichen Raumes zentral regeln soll. "Die Bezirke gehen mit dem öffentlichen Raum und seiner Nutzung durch die Menschen in der Stadt weitaus behutsamer und sorgfältiger um, als dies der Senat tut", stellen sie die Verhältnisse wieder vom Kopf auf die Füße - und erinnern Senator Strieder gleichzeitig daran, daß er als ehemaliger Bezirksbürgermeister von Kreuzberg nur zu gut wissen müßte, wovon die Rede ist. R.L.

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  Ausgabe 09 - 1999