Ausgabe 06 - 1998berliner stadtzeitung
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Liebe Leser,

Buchmessenzeit ist Rezensionszeit - und für uns Anlaß zu einem special. Wie werde ich Westler, wie kriege ich meinen Teppich sauber, was waren die Achtziger und was macht man mit losen Blättern? Fragen über Fragen - die Antworten stehen in den Büchern, die wir für Sie gelesen haben.

Mit freundlichen Grüßen,
Die Redaktion


Die Innenseite der "Aussenseite des Elementes"

Zeitungsleser verstehen was von müden Händen. Stimmt, es gibt nichts schöneres, als sich an einem regnerischen Nachmittag in ein Café mit einer Tageszeitung zu verkriechen. Welcher normalhändige Mensch jedoch schafft es, eine Zeitung von vorne bis hinten haltend zu lesen? Man sollte Wettbewerbe im Zeitunghalten veranstalten. Die andere Alternative sind Bücher, mir kommt es aber äußerst archaisch und fast schon blasphemisch vor, Bücher mit Titeln wie "Die Anarchie" zu binden. Gebunden, abgestempelt, verkauft.

Neulich stieß ich in einer Buchhandlung auf ein merkwürdiges Gebilde. Vor mir lag eine Schachtel mit der Aufschrift "Die Aussenseite des Elementes". Die Innenseite dieses Elementes entpuppte sich als äußerst benutzerfreundliches Lesepapier. In dieser Schachtel stecken nämlich hundert lose Blätter, Gedichte, Kurzgeschichten und Zeichnungen einer internationalen Autorenclique, die für einige Kulturschocks, sofern es sowas gibt, gut ist. Die kann man dann aufhängen, ausbreiten, zusammenkleben und in jeder beliebigen Position lesen oder vorlesen. Ganz meinem Seelenwunsch entsprechend. Beim weiteren Entquellen lernte ich, daß dieser geniale Einfall auf Marcel Duchamp zurückgeht, ja der allbekannte Vorreiter, der die Ideen klaut, bevor sie einem selber kommen. In Duchamps Schachtel gab es Notizzettel zu lesen, meine war voll mit Überraschungen, wie es sich für eine Schachtel gehört. Stilistische und thematische Grenzen gibt es hier nicht. Junge Literaten aus der ganzen Welt sorgen für eine bunte Mischung aus New York, Berlin, Dublin, Georgien, China und auch viel weiter. Ab und an trifft man auf einen bekannteren Namen wie a.r.penck oder Arnfrid Astel, doch es bleibt ein Forum für allerlei leichtgeflügeltes Gelichter, jene Menschen, die gern schweben in höheren Sphären, um sich dort von Luft zu nähren. Dem "Non Profit Art Movement" angehörend, verzichten alle Autoren, Künstler und Übersetzer auf finanzielle Vergütung.

Zu meiner engeren Auswahl gehören flutende, atmende Gedichte von Jan Wagner, dem es gelingt, grünes Leben in den totgesagten Park der lyrischen Gefühle zu bringen. Er ist auch verantwortlich für diesen literarischen Leckerbissen. Souverän spielend mit dem Alltag, wo der Augenblick immer neu beginnt, schreibt Dwight Maxwell, ein Fabuliertalent, umrissen mit der Beatnikwut eines Newyoricaners (Kreuzung aus New York und Puerto Ricaner, junge Künstlertruppe, die sich regelmäßig im Newyoricaner Café in New York trifft, um Gedichte und ähnliches vorzutragen). Desweiteren Thomas Girst, der betulich umherschweifend den Situationisten den Alltag entwendet oder Katja Eggenberger, die mit "tollkirschen im ungesättigten mund" ein "sternköstum umsingt", um nur einige zu nennen. Für die Lesepause zwischendurch gibt es jede Menge Kunst zu bewundern und zum Dessert, nach einer reichlichen Portion Literatur, ein Gimmick.

Sladja Blazan

Alles zusammen erhältlich in folgenden Buchhandlungen:
Bücherbogen, Anssichtssache oder Autorenbuchhandlung.
Die Schachtel bildet ein offenes Forum für Schreiblinge aller Art, der Einsendeschluß für die nächste Ausgabe ist der 30. April 1998.


Glückliche Hausfrauen

Jeder hat ihn. Jeder kennt ihn. Jeder braucht ihn. Vor allem domestizierte Machos. Beim Quotenstaubsaugen für die Angetraute macht man sich mit ihm nämlich nicht die Finger schmutzig. Der Kobold. Bekannt. Beliebt. Besungen. Meistens von seriösen Männern in dezenten, grauen Anzügen angeboten. Vor Ort. Was man nicht alles mit ihm machen kann, dem "Wunder": "staubsaugen, haaretrocknen, die Obstbäume mit Insektenvernichter bespritzen oder die Stallwände kälken, das Vieh vom Schmutz befreien ..."

1930 kam der Staubsauger in Deutschland auf den Markt der Haushaltsgeräte und hat sich bis heute vehement dort gehalten, nicht zuletzt wegen des Vertriebssystems, der klassischen "Vor-Ort-Verführung". Unmengen von Staub und anderen schmutzigen Substanzen wurden auf dem Fußboden ausgeschüt-tet, um sogleich dank der großen Saugkraft des Gerätes wieder in dessen Staubbeutel zu verschwinden. Wer konnte da schon nein sagen? Nun, nach 68 Jahren Fabrikation gönnt sich die Herstellerfirma Vorwerk mit einem Bildband über ihren Staubsauger dessen Ernennung zum Kultobjekt. In großen Bildern wird die Produktpräsentation der letzten Jahrzehnte dargestellt, glückliche Hausfrauen und stolze Besitzer werden gezeigt. Sogar Loriot hat eins dieser Wunder zu Hause stehen, glücklich vereint mit seiner Ehefrau und dem Staubsauger posiert er für den Fotografen. Doch nicht nur Bilder, auch Texte der Vertreterlieder aus den 30er Jahren sind in dem Buch enthalten: "Der Kobold ist, der Kobold ist, der Liebling aller Frauen, er saugt nicht nur den Teppich rein, nein auch zum Bohnern ist er fein ..." heißt es da, und weiter, um die verschiedenen Aufsätze und Erweiterungsmöglichkeiten des Staubsaugers nicht zu vergessen: "Die Fugendüs, die Fugendüs, ist jar nicht zu vergessen, für Fugen und für Ritzen klein, erfüllt sie ihren Zweck allein ..." Alles frei nach der Melodie ´O Tannenbaum´, und für jeden Steckaufsatz eine eigene Strophe. Nicht nur die eigene Geschichte wird in dem Buch beleuchtet, auch das tragische Schicksal des Hausstaubsau-gererfinders John Spangler, der an einer Lungenkrankheit litt, findet Erwähnung - wie auch der erste Staubsauger überhaupt. Anfang des Jahrhunderts mußte das Monstrum in Pferdefuhrwerken vor das zu reinigende Haus gefahren werden. Es war zu groß, um durch die Tür zu passen - dann wurden kurzerhand große Schläuche durch die Fenster gelegt - um von draußen zu saugen. Diese und andere aufschlußreiche Dinge zur Welt des Staubsaugens sind in dem Buch zu finden, für Kobold-Kenner ein Muß, für die, die ihn nicht kennen, ein Grund ihn zu kaufen.

meb

"Kultstaubsauger Kobold" Trescher Verlag, Berlin 1998, 160 Seiten, 48 DM


Die Schwierigkeit, Westler zu werden

Aufsätze und Briefe aus den 90ern von Klaus Schlesinger

Man darf sicher sein, daß Larmoyanz- und Nostalgievorwürfe nicht ausbleiben werden. Das ist nun mal eine umgehende Reaktion (unter anderen), wenn einer nach acht Jahren deutscher Einheit ein Buch unter dem Titel "Von der Schwierigkeit, Westler zu werden" herausbringt. Vielleicht schützt davor den Autor nicht mal, daß er Klaus Schlesinger heißt: 1979 aus dem DDR-Schriftstellerverband ausgeschlossen, 1980 nach Westberlin übergesiedelt, dort u.a. Hausbesetzer, seit 1991 wieder in Ostberlin. Der Taschenbuchband ist die Fortsetzung des "Fliegenden Wechsels", Schlesingers Chronik eines Lebens zwischen Osten und Westen - nun geht es in der neuen Sammlung um die Zeit nach 1990. Manche Aufsätze, Beiträge, Anekdoten sind bekannt - aus der ZEIT, der Wochenpost oder einer anderen Anthologie -, andere sind Erstveröffentlichungen.

Was ist ein Ostler? Einer, der Gelegenheit hatte, den Westen kennenzulernen? Schlesinger warnte im Sommer 89 den Schriftsteller Uwe Kolbe im Osten (auf dessen Frage nach Alternativen zur deutschen Vereinigung), er wolle nicht, daß die Deutsche Bank auch am Prenzlauer Berg das Sagen habe - nicht nur, weil er bei ihr in der Kreide stünde. Nun, zwischen Selbstkritik und Sarkasmus: "Wer an einem geschichtlichen Wendepunkt so wenig Konkretes beisteuern kann, darf sich nicht wundern, wenn er ein Jahr später ... das Café Mosaik sucht, in dem die ´feindlich-negative´ Gruppe um Kolbe sozusagen residierte, und er statt dessen eine Filiale der Deutschen Bank findet."

1993 sitzt Schlesinger da und schreibt eine bissige Polemik mit dem Titel "Sehnsucht nach der DDR?" - Beitrag Nummer eins im Band. Schlesinger, für den die Wahl zwischen DDR und BRD immer schon wie die zwischen Pest und Cholera war, betrachtet sowohl das plötzlich veränderte Verhalten der Westler als auch das der konvertierten Ostler mit gemischten Gefühlen. Trotzdem klingt sein Gebrauch des Wörtchens "wir" ganz selbstverständlich. Wie im Resümee: "Ich habe gar nichts mehr gegen unseren Beitritt. Kopfschmerzen macht mir nur, daß wir nie wieder austreten können."

Die folgenden Beiträge über die Mauer, die russische Botschaft und die "Helmaktion" (eine Unterstützung der APO Ende der 60er vom Osten aus) sind Bausteine eines Blicks zurück, der nichts mit Nostalgie, sondern eher etwas mit Entmythisierung zu tun hat. Was bedeuteten denn diese ´Symbole´ konkret: für ihn, Schlesinger, zum Beispiel?

"Das Gerücht" (1993) ist ein beklemmendes Stück über die Auswirkungen der Alles-Stasi-außer-Mutti-Hysterie 1991/92: "das" IM-Gerücht verfolgte auch Schlesinger ein halbes Jahr lang. Dieser Text ist keine Polemik, sondern eine minutiöse, tagebuchartige Beschreibung eines psychologischen Prozesses, Folgen kollektiver Neurose: wie das Gerücht hartnäckig klebt, wie Freunde zurückhaltend und kühl reagieren, wie man das MIßtrauen zu spüren scheint, wie Widerrede den Verdacht nur verstärkt, wie die eigene Wahrnehmung der Reaktionen selbst schon Gespenster gebiert ...

In mehreren Beiträgen (u.a. "Macht, Literatur, Staatssicherheit") resümiert Schlesinger die DDR-Literaturszene der 70er. Das sind zwar wichtige, zu erzählende Geschichten, ermüdet aber irgendwann. Doch genau in jenem Moment, in dem man befürchtet, daß Schlesinger sich endgültig in der Vergangenheit verliert, gibt es ein Pausenbrot in Gestalt zweier wunderbarer literarischer Miniaturen über "Erste Sätze" und "Letzte Sätze" in Büchern. Schließlich folgt das eigentliche Kernstück, ein Erstdruck (bisher nur in Auszügen in der Berliner Zeitung publiziert): "Widerstand zwecklos!", ein ausführlicher Brief von 1997 an eine langjährige Freundin, die seit ein paar Jahren in Island lebt. Man versuche sich vorzustellen, man würde einem vor vielleicht sieben Jahren aus Berlin weggezogenen Freund die Transformationen der Stadt beschreiben wollen. Schlesinger beschreibt über Details, Anekdoten aber nicht nur den Wandel "seines" Ostens, sondern gleichzeitig auch jener Gesellschaft, die er bis zur Wende zehn Jahre lang erlebt hat. Die in den 80er Jahren nach den Kahlschlägen die behutsame, abrißlose Erneuerung entdeckte - "Genau bis zur Vereinigung. Da sagte man plötzlich wieder Blockbebauung statt Flächensanierung, und schon waren in Berlins Mitte 128 alte Häuser verschwunden."

Überhaupt, die Bauerei. Natürlich, denn hier wird am augenfälligsten gesellschaftlicher Wandel sichtbar. Schlesinger ist nicht der einzige, der den rabiaten "Rückbau" des Lindencorsos samt Vorplatz, Terrasse, Rosengarten und Springbrunnen an der Ecke Friedrichstraße/Unter den Linden verwünscht, das einem Block weichen mußte, "der einem Bunker ähnlicher sieht". Und weiter: "Schade, daß man Bauwerke nicht abwählen oder mit Dauerdemonstrationen zum Rücktritt zwingen kann."

Er beschreibt den Prozeß, der ihn in seiner eigenen Stadt immer mehr wie ein Gast fühlen läßt, und dieser Prozeß hat viele Symptome. Schlesinger, der Ostler? "Ich würde nicht erstaunt sein, wenn das Jahr Neunundachtzig für unsere Landsleute auf den Satz Damals, als wir den Russen für 30 Milliarden die DDR abkauften! zusammenschnurrte." Larmoyant? Larmoyant wäre das bestenfalls, wenn der Autor solcherlei Vermutungen nicht mit konkreten Begebenheiten belegen würde. Auch wegen dieser konkreten Erlebnisse und müde des ständigen Sich-rechtfertigen-müssens, begegnet man den immergleichen Vorwürfen mittlerweile mit Gelassenheit und notwendiger Distanz. Und schließlich, so Schlesinger, sei das Bild, das er damals bei seiner Ankunft in der BRD auf Nachfragen nach seinem Weggang aus der DDR benutzte, gar nicht so weit von der Wirklichkeit entfernt: "Du kannst zwar Onkel Erich nicht leiden, aber er trägt nun mal deinen Namen."

us

Klaus Schlesinger: "Von der Schwierigkeit, Westler zu werden", Aufbau-Taschenbuch Verlag, 15,90 DM


Schaufensterpuppen und Verzweiflung

Die Achtziger in Tracks von Thomas Meinecke

Thomas Meinecke, Jahrgang 1955, Kopf der Band F.S.K., Kolumnist und Radio-DJ, hatte offensichtlich nebenbei noch Zeit genug, die Zeitschrift "Mode und Verzweiflung" herauszugeben und mitzuverfassen. Die Wiederveröffentlichung seiner Texte unter gleichnamigen Titel ermöglichen es nun dem Publikum der Neunziger, die Achtziger durch die Brille der damaligen Gegner wiederaufleben zu lassen.

Einige dieser Gegner experimentierten ab 1980 statt mit angesagten Synthesizern lieber mit Banjo, Zither, Schifferklavier. Derartig ausstaffiert, erkundete F.S.K. die Volksmusik Deutschlands und Amerikas, Identität und Authentizität suchend, simulierend, immer wieder als vorläufig verwerfend. Anstatt eines letzten, naturgegebenen Urzustands fand man stets nur den Verweis auf etwas anderes. Die angebliche Ursprünglichkeit der Volksmusik hob sich in der Vielfalt ihrer Stile wieder auf. Besonders erfolgreich dann Meineckes Ansatz, die musikalisch erprobte Fusion zwischen deutscher und amerikanischer Volksmusik in Romanform zu gießen. Im 1996 erschienenen "The Church of John F. Kennedy" reist des Autors Alter Ego durch amerikanische Gefilde auf der Suche nach den musikalischen Spuren deutscher Einwanderer. Anstatt Echtheit zu finden, trifft er nur auf Chaos, Verschmelzung, Volksmusik als Bastard. Böhmische Blaskapellen in Texas.

Meineckes Weg zu diesem transatlantischen Feedback begann in München mit "einem flanierenden Haufen hedonistischer Partisanen" (Vorwort), die die nur sporadisch erscheinende Zeitschrift "Mode & Verzweiflung" ins Leben riefen. Meineckes darin veröffentlichte Texte bieten ein skurriles Panorama menschlichen Versagens: Arbeitslose, klarinettespielende Kunsterzieher werden vom gefrorenen Inhalt einer lecken Flugzeugtoilette erschlagen (Die Decke auf dem Kopf, 1982), man unterhält sich über Vorzüge und Nachteile von Fastfoodketten (Unser Wienerwald, 1982). Flüchtende Polen werden auf dem Flughafen Tempelhof bei der Frage, ob sie Asyl beantragen sollen, von der Vorstellung gequält, dies sei identisch mit der Wahl eines Menüs im Restaurant (Wenn der Kellner kommt: Rauschzustand, 1982). Die großen Dinge des Lebens machen sich an lächerlich kleinen Situationen fest. Das funktioniert, denn die Individuen und Objekte in Meineckes Achtziger-Universum haben alle Eigenschaften, die sie zu prototypischen Charakteren machen.

Beispielsweise ein Student vom niederbayerischen Land, der sich unsterblich in eine Schaufensterpuppe verliebt (Ein Student verirrt sich, 1979). Für sie, wie der Autor nicht müde wird zu betonen, vernachlässigt er sogar seine "Sandkastenfreundin Erika". Kaum ist ihm das Glück widerfahren, die Puppe beim Umdekorieren nackt zu sehen, schaudert ihn vor den Schrauben und den "furchtbaren und so entstellenden Nahtstellen am Rumpf", woraufhin er seine Beziehung zur Puppe abzubrechen versucht. Meinecke zeichnet die Physiognomie eines Jahrzehnts, in dem man Elektronik studiert, sich in Plastik verliebt, aber trotzdem heiratet. Träume, auch wenn sie nur in Schaufenstern stehen, konnte man nicht verwirklichen, man fand sich, anders als in den Sechzigern, mit den Realitäten ab, heiratete die Sandkastenfreundin. Was sollte man damals schon tun, wenn man nicht das Kind mit dem Bade, sprich "das Prinzip der Hipness sogleich mit den achtziger Jahren ausschütten" wollte? (Das waren die achtziger Jahre, 1986) Thomas Meinecke musizierte und schrieb. Seine Texte sind launische Theorieentwürfe, Skizzen westdeutscher Befindlichkeiten und auf den Punkt gebrachte Aussagen zugleich: wie zu schnell abgespielte Platten, bei denen man nicht mehr weiß, welchem Stil von Musik man zuhört. Meinecke bekannte einmal, er lese Sozial- und andere Theorie so, wie man früher Belletristik gelesen habe. Für seinen Stil freilich gilt dasselbe. Es ist der Versuch "Theorie zu erzählen".

Vielleicht wird man dem oszillierenden Charakter der hier versammelten Texte am besten gerecht mit der Bezeichnung "Track". Genauso wie Track der neue Sammelbegriff für die kleinste Einheit in der Popmusik geworden ist, beschreibt er hier die gemeinsame Klasse von Essays, Kurzgeschichten und Glossen. Am Ende werden wir mit einem Bonustrack von 1996 belohnt: "Enden der Parabel", ein Hinweis auf das Alter der im Buch versammelten Texte, deren Zeit vorbei zu sein scheint? Andererseits wissen wir doch alle, daß Parabeln unendlich sind.

Georg Götz

Thomas Meinecke: "Mode und Verzweiflung", Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1998, 128 Seiten, 12,80 DM

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