Ausgabe 05 - 2007 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Good Dance and Good Bye

Was wie nach einem Fitness-Studio aus der Provinz klingt, ist ein seit fünf Jahren überaus erfolgreiches Label aus Berlin: Get Physical. Erfolgreich nicht nur gemessen am Output ­ immerhin fast 80 Alben seit 2002 ­, sondern auch als ein stilprägendes Unternehmen. Gegründet von einer Fünfergruppe, bestehend aus DJs, Produzenten und Musikschreibern, hat es das Label geschafft, einen Sound zu prägen, den man vielleicht am besten als etwas ausgebremsten House mit raffiniert dichtem Baß und jeder Menge liebevoller Anleihen aus unterschiedlichsten Musikrichtungen bezeichnen könnte. Was dabei herauskommt, klingt widersprüchlich: nämlich feinste elektronische Partymusik, die gleichzeitig fragil und subtil wirkt. Nachzuhören ist das auf einer gelungenen zweiteiligen Compilation. Teil eins sind 14 unveröffentlichte Tracks aus dem Hause Get Physical. Auf der zweiten CD remixen befreundete Produzenten ihre Lieblingsnummern aus dem Back-Katalog. So sollten sich fünfjährige Jubiläen öfter anhören.

Ganz so stilsicher gibt sich das Label Ministry of Sound nicht immer. Mit RadioDisco ist dem Label aber ein exquisites Mix-Album gelungen. Auf dem Doppelalbum haben Boris Dlugosch und Radio Slave je eine CD mit einem je durchgängigen Remix vorgelegt. Beachtlich ist vor allem der Mix von Radio Slave aka Matt Edwards. Häufig genug kaprizieren sich Dance-Produzenten auf einen eng umrissenen Stil und bringen dann ihre Remixe auch in entsprechendem Gewand heraus. Das klingt dann oft etwas hilflos eingefahren. Extrem geschmeidig klingen hingegen die Radio-Slave-Remixe. Er schafft es, variable und fast schon swingende House-Beats zu entwickeln, die eine entspannte Durchlässigkeit zum Original herstellen. So nutzen sich die ineinanderlaufenden Tracks auch nach mehrmaligem Hören nicht ab, im Gegenteil: Immer wieder entstehen neue Intensitätsmomente.

In einer spannenden Mischung aus Clubkultur und Folkelementen legt das Duo Bodi Bill mit No More Wars auf dem Berliner Label Sinnbus ein beachtliches Erstlingswerk hin. Da finden sich poppige Werke wie Traffic Jam neben komplexen Arrangements wie Very Small, und schließlich tauchen dann noch elektronische Tracks, wie die sehr fein konzipierten Kilogramm oder Straw Hats auf. Neben dem sehr prägnanten Einsatz von Streichern und Pianoläufen erinnert der Gesang daran, daß Clubsounds und klassisches Songwriting sich nicht ausschließen müssen. Insgesamt ist der Spagat, den Bodi Bill unternehmen, aber recht verwegen ­ es gibt nicht viele, die solche musikalische Dehnungen beherrschen. 

Marcus Peter

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
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