Ausgabe 05 - 2007 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Sechsspurig nach Südost

Eine Bürgerinitiative mobilisiert gegen den Weiterbau der Autobahn 100

Der Berliner Senat treibt die Vervollständigung des Autobahn-Stadtrings, der A 100, voran. Voraussichtlich noch Ende 2007 sollen die Planungsunterlagen für den Bau ausgelegt werden. Der sogenannte Planfeststellungsbeschluß für das nächste Teilstück des Stadtrings ­ von der Grenzallee bis zur Straße Am Treptower Park ­ soll noch im Jahr 2009 erfolgen, so daß bereits im Jahr 2010 mit dem Bau begonnen werden kann. Die Fertigstellung ist für 2016 vorgesehen.

Wie im Bundesverkehrswegeplan festgehalten, soll die Stadtautobahn sechsspurig verlängert werden. Autobahnanschlüsse entstehen demnach sowohl am Kreuzungspunkt Sonnenallee in der Nähe des Hotels Estrel als auch Am Treptower Park, zwischen dem Einkaufzentrum und dem S-Bahnring. Die an der 3200 Meter langen geplanten Trasse liegenden Kleingärten, Gewerbeflächen und Wohnhäuser werden dem Bau weichen müssen. Unter dem geplanten Endpunkt der Autobahn verschwinden nicht nur die letzten drei zum Teil frisch sanierten Häuser in der Beermannstraße, sondern auch die kleine Matthesstraße, die unter einem Betonteppich begraben wird.

In diesem Zusammenhang will der Bezirk die Straße Am Treptower Park in jede Richtung mit zwei Spuren ausbauen. Außer einem 400 Meter langen Tunnelstück, das voraussichtlich in Höhe des Estrel entsteht, soll die übrige Trasse in Troglage gebaut werden. Andere Teilbereiche sind ohnehin nur ebenerdig geplant. Ursprünglich war im Flächennutzungsplan von 1994 noch geplant, die Strecke größtenteils durch einen Tunnel zu führen, um die Lärm- und Luftverschmutzung für die Anwohner gering zu halten. Dieses umsichtige Vorhaben fiel allerdings dem Rotstift zum Opfer, und eine kürzlich erfolgte Änderung des Flächennutzungsplans verfügt nun, daß die Tunnelfrage erst im Planfeststellungsverfahren geklärt wird.

Größer noch als die Belastung entlang der Strecke erscheinen jedoch die Probleme, die sich an der Anschlußstelle am Treptower Park ergeben werden. Prognosen gehen davon aus, daß der neue Anschluß von bis zu 80000 Kraftfahrzeugen täglich genutzt wird. Obwohl die Angaben zur Verkehrsentwicklung in Berlin revidiert wurden und man nun von einem sinkenden Kfz-Aufkommen ausgeht, bleiben die Prognosen für den Autobahnanschluß unverändert. Nun sind zwar die Gelder für diesen Bauabschnitt bereits vom Bund bewilligt; die Finanzierung der weiteren Streckenführung (unter dem Ostkreuz hindurch, bis zur Frankfurter Allee) ist jedoch noch nicht einmal in Aussicht gestellt. Die Bürgerinitiative Stadtring Süd (BISS Treptow) und andere Initiativen rund um den Treptower Park befürchten deshalb, daß die Autobahn auf Jahre hinaus mitten in Alt-Treptow, an der Ecke Elsenstraße/ Am Treptower Park enden wird.

Bereits heute verkehren in den drei Hauptverkehrsstraßen südlich des Treptower Parks bis zu 25000 Autos täglich. Die Elsenbrücke passieren Tag für Tag sogar rund 60000 Autos. Wie der erwartete Zuwachs von 30000 oder mehr Kraftfahrzeugen auf den Straßen bewältigt werden soll, die Alt-Treptow mit Friedrichshain, Stralau, Kreuzberg und Neukölln verbinden, ist bislang ungeklärt und wird von den verantwortlichen Stadtplanern nicht einmal thematisiert. Es steht jedoch zu befürchten, daß Lärm- und Abgasemissionen um ein Vielfaches in Alt-Treptow, aber auch in den angrenzenden Bezirken ansteigen werden. Staus auf den Hauptstraßen und Schleichverkehr in den Nebenstraßen und durch Wohngebiete werden die unvermeidbaren Folgen sein. Auch die Unfallgefahren für die stetig verdrängten nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmer, die Fahrradfahrer und Fußgänger, werden erheblich zunehmen.

Dem aktuellen Planungsstand zufolge werden die Planungsunterlagen für den Weiterbau der AVUS frühestens im Herbst dieses Jahres öffentlich für die Dauer von vier Wochen ausgelegt. Bis zwei Wochen nach der Auslegung können alle Anwohner Einwendungen gegen diese Planung erheben. Ob diese Einwendungen auch mündlich erörtert werden, liegt im Ermessen des Senats. Die offizielle Bürgerbeteiligung ist damit beendet, und die Bekanntgabe des Planfeststellungsbeschlusses, also die Genehmigung des Autobahnbaus, kann anschließend durch den Senat erfolgen.

Aufgrund des enormen, nicht zu bewältigenden Verkehrsaufkommens für den Kiez will die BISS Treptow deshalb noch einen Schritt weiter gehen: Unterstützt vom BUND Berlin bereitet sie eine Klage gegen den zu erwartenden Planfeststellungsbeschluß vor. In der Vergangenheit waren Klagen gegen Autobahnen meistens erfolglos, weil Fragen des Bedarfs für Straßenbau nicht vor Gericht überprüft werden konnten. Aufgrund einer Änderung im europäischen Recht können nun aber nicht nur die Anschlußprobleme , sondern auch die Frage nach dem Bedarf Gegenstand rechtlicher Schritte sein. Voraussetzung für eine Klage ist jedoch, daß im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens Einwendungen erhoben werden. Sobald also die Planungsunterlagen ausliegen, sollten sich möglichst viele an diesem Einwendungsverfahren beteiligen.

Birte Rodenberg/Harald Moritz

Die Autoren sind Mitglieder der Bürgerinitiative BISS.

www.keineautobahntreptow.de

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