Ausgabe 05 - 2007 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Ernten, was gesät wurde

Die Linkspartei streitet über die Zukunft der Sparkasse

Das Ende des Bankenskandals kommt ziemlich unspektakulär daher. Die großen Schlachten sind geschlagen, Gewinner und Verlierer stehen fest. Es geht jetzt nur noch darum, das Ergebnis in die rechte Form zu bekommen, zu bilanzieren, Wunden zu lecken. Die Bankgesellschaft ­ aufgelöst. Die Weberbank ­ verkauft. Die Berliner Bank ­ verkauft. Landowsky und Konsorten ­ man sah sich vor Gericht. Übriggeblieben ­ von Haushaltsrisiken in Milliardenhöhe für die nächsten Jahre abgesehen ­ die Landesbank (LBB) mit ihrem wichtigsten Bestandteil, der Sparkasse.

Man erinnert sich: Mißmanagement, Gier und Größenwahn bewogen in den 90er Jahren den schwarz-roten Senat, u.a. die kerngesunde öffentliche Sparkasse und die schwächelnde private ­ aber in Landeseigentum befindliche ­ Berliner Bank zur Bankgesellschaft zu verschmelzen, um endlich international mitspielen zu können. Doch der Konzern geriet derart in die Krise, daß ihn der rot-grüne Senat 2001 mit einer Finanzspritze in Höhe von 1,8 Mrd. Euro vor dem
Zusammenbruch zu bewahren müssen glaubte. Ein Jahr später übernahm der nunmehr rot-rote Senat eine „Risikobürgschaft" über 21,6 Mrd. Euro, die seitdem auf Jahre hinaus auf dem Landeshaushalt lastet.

Beide Hilfsleistungen riefen die EU-Kommission auf den Plan, die sie als wettbewerbsverzerrende Beihilfen wertete, aber nach Verhandlungen mit Bund und Land unter der Auflage genehmigte, daß die Berliner Bank aus der Bankgesellschaft herauszulösen und separat zu verkaufen sei und daß sich das Land auch von seinen Anteilen am mittlerweile in Landesbank umgenannten Konzern zu trennen habe. Während die Berliner Bank 2006 an die Deutsche Bank ging, läuft das Verfahren zur Privatisierung der LBB, zu der die Investitionsbank Berlin (IBB) und die Sparkasse gehören, noch. Bis Ende des Jahres soll der Deal über die Bühne gegangen sein. Auch öffentliche Banken gehören zu den Bietern.

Den Bewohnern jenes berühmten Gallischen Dorfes gleich, das von Römerlagern umzingelt ist, wollen jedoch ein paar Linkspartei-Linke und eine Bürgerinitiative den Verlauf der Sparkasse nicht einfach hinnehmen, stellen Fragen und fordern einen Stop des Bieterverfahrens, das im Juni in eine weitere Runde geht. Und da die SPD schon lange nicht mehr als satisfaktionsfähig gilt, richtet sich ihr Augenmerk auf die Linkspartei. Sie muß sich der Frage stellen, ob es eine Alternative zum Verkauf gegeben hätte und ob man ihn noch rückgängig machen kann.

Nein, sagt der Landesvorsitzende der Linkspartei, Klaus Lederer. Er rechtfertigt die Garantiererklärung des Senates, weil nur mit ihr eine „Bauchlandung mit Bremsung" habe erfolgen können, die die Sanierung der Bankgesellschaft ermöglicht habe ­ eine alternativlose Entscheidung: „Es nicht zu versuchen, kam nicht in Frage." Auch das nachfolgend in Gang gesetzte Verfahren der EU-Kommission, das im Ergebnis die Anweisung enthalten habe, auch die Sparkasse zu verkaufen, hält Lederer für unantastbar. „Dies beinhaltet auch all seine unselbständigen Bestandteile, sofern sie nicht herausgelöst (IBB) oder separat veräußert (z.B. Berliner Bank) werden sollten." Die Sparkasse aus der LBB herauszulösen, sei kaum sinnvoll, weil allein die Sparkasse profitabel sei und die LBB ohne sie am Markt nicht bestehen könne.

Dagegen bezweifelt die EU-Abgeordnete Sahra Wagenknecht (ebenfalls Linkspartei), daß die EU-Kommission überhaupt eine entsprechende Auflage erteilt habe. „Warum wird nie das Dokument zitiert, aus dem eindeutig hervorginge, daß die Berliner Sparkasse verkauft werden muß?" fragt sie. Und beruft sich auf Aussagen von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, die deutlich gemacht habe, daß nicht die Kommission, sondern das Land Berlin den Verkauf der Sparkasse betreibe und daß die Kommission in Fragen der Eigentumsordnung in den Mitgliedsländern neutral sei und deshalb „Deutschland vollkommen frei über die Privatisierung oder Nichtprivatisierung einer Sparkasse entscheiden kann." Woraus Wagenknecht folgert: „Es liegt in der Verantwortung des Berliner Senats, ob die Sparkasse privatisiert wird. Eine Neuverhandlung des Umstrukturierungsplans ist möglich."

Kann man oder kann man nicht? Die Frage ist falsch gestellt, denn die, die es womöglich könnten, wollen nicht. Schließlich treibt ausgerechnet die rot-rote Landesregierung die Privatisierung der Sparkasse in einer Weise voran, die sogar die Financial Times Deutschland erstaunt feststellen läßt: „Die FDP hätte das nicht besser machen können, obwohl sie es wenigstens programmatisch vertritt."

Darüber hinaus ist die Lage so eindeutig nicht, wie Wagenknecht es darstellt: Mit Recht kritisiert sie die wenig transparente Verhandlungsführung von Bund und Land gegenüber der Kommission. Doch an der Verkaufsverpflichtung dürfte kein Zweifel bestehen, denn alle Aussagen, die Wagenknecht ins Feld führt, beziehen sich allgemein auf das Sparkassenwesen, aber nicht auf den konkreten Berliner Fall. Das Kind ist in den Brunnen gefallen, aber nicht erst jetzt, sondern bereits mit der Gründung der Bankgesellschaft 1994. Berlin erntet mit der Privatisierung das, was es selbst gesät hat.

Also führen beide Parteien nicht die besten Argumente ins Feld: Die einen ignorieren eine wichtige Lehre aus dem Bankenskandal, daß nämlich die öffentliche Trägerschaft einer Sparkasse nicht automatisch dem Gemeinwohl dient. Die anderen haben sich, scheint's, vollständig den „Sachzwängen" unterworfen, ohne überhaupt noch ein wenig Phantasie zu entwickeln. Das Augenmerk beider müßte sich nun darauf richten, letzte Reste einer Sozialbindung der Sparkasse zu erhalten ­ falle sie nun unter die Privaten oder verbleibe sie im Verbund der Sparkassen. 

Benno Kirsch

scheinschlag-Aufsteller

 
 
 
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