Ausgabe 06 - 2006 berliner stadtzeitung
scheinschlag
 

 

Kurznachrichten

komödie

Die Wahlalternative Soziales Berlin (WASB) hat erklärt, daß sie bei der Wahl zum Abgeordnetenhaus im September nicht mehr antreten wolle. Stattdessen ruft sie zur Wahl der Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG) auf. Wie bitte? Richtig, bevor die Einheit der Linken unter dem Dach der Linkspartei vollendet werden konnte, war es schon wieder vorbei damit. Der Berliner WASG-Landesverband zierte sich, und für den Fall, daß die Fusion gerichtlich durchgebracht werden würde, gründeten Getreue die WASB. Der Fall trat nicht ein, die WASG kandidiert, und nun verlautet es aus der WASB, daß jetzt die WASG „als einzige wählbare Partei auf dem Wahlzettel" stehe. Mit dem Rückzug der WASB ist die Linke also wieder vereint bzw. gespalten, und der Zuschauer darf sich auf einen weiteren Akt dieser Komödie freuen.

farce

Weil der Regierende Bürgermeister bald nicht nur Erster unter Gleichen im Senat, sondern auch mit Richtlinienkompetenz ausgestattet sein wird, soll auch die Arbeit seines Verwaltungschefs besser dotiert werden. Um satte drei Gehaltsstufen will Wowereit seinen André Schmitz besserstellen. Dessen Gehalt würde dann von derzeit 7664 auf 9965 Euro steigen. Wie es der Zufall will, hat Wowereits Genosse Kurt Beck kürzlich gemahnt, daß ALG-II-Empfänger nicht alle Leistungen in Anspruch nehmen sollten, die sie zu empfangen berechtigt sind. Nichts wäre falscher, als dieser Aufforderung zu folgen. Denn so lange sich „die da oben" so ungeniert Pöstchen zuschachern und gegenseitig die Gehälter erhöhen, darf man dem Tugendonkel Beck ruhig eine lange Nase drehen.

lustspiel

Die Idee, interkulturelle Gärten anzulegen, ist noch gar nicht so alt. Im Gegensatz zu den Schrebergärten steht das gemeinschaftliche Gärtnern im Mittelpunkt eines interkulturellen Gartens, wodurch Migranten Wurzeln schlagen und Integrationsprozesse angestoßen werden können. 1996 zunächst in Göttingen ausprobiert, wo bosnische Flüchtlingsfrauen einmütig einen Garten als Mittel zur Verbesserung ihrer psychischen Verfassung nannten, verbreitete sich die Bewegung in ganz Deutschland. 2003 wurde der erste seiner Art in Berlin eröffnet. Jetzt kann die Berliner Bewegung einen Erfolg verzeichnen: Im Beschluß des Abgeordnetenhauses vom 8. Juni zur Lokalen Agenda 21 für Berlin ist festgehalten, daß bis 2015 in jedem Bezirk zwei geeignete Flächen für interkulturelle Gärten bereitgestellt werden sollen.

tragödie

Vor 70 Jahren, als das Olympiastadion seinen ersten großen Auftritt vor weltweitem Publikum hatte, wurde am gegenüberliegenden östlichen Stadtrand ein Lager zur zwangsweisen Unterbringung von Sinti und Roma angelegt. Berlin sollte anläßlich der Olympischen Spiele „gesäubert" werden. Inmitten stinkender Rieselfelder bedeutete das Zwangslager für die Insassen miserable Wohnverhältnisse und unzureichende Versorgung. Schwere, zum Teil tödliche Krankheiten grassierten im Lager, das im nationalsozialistischen Deutschland als erstes nach rein rassistischen Kriterien eingerichtet wurde. Die Internierten waren willkürlicher Gewalt ihrer Bewacher ausgesetzt und wurden später nach und nach in Konzentrations- oder Vernichtungslager abtransportiert. Ein Bündnis antifaschistischer Jugendgruppen hat eine Ausstellung über das Zwangslager Marzahn erstellt, die noch bis zum 7. Juli in der Alice-Salomon-Fachhochschule, U-Bhf. Hellersdorf, zu sehen ist. www.kein-vergessen.de

termine

Noch bis zum 8. Juli ist im Abgeordnetenhaus, Niederkirchnerstraße 5, die Ausstellung Vor die Tür gesetzt über im Nationalsozialismus verfolgte Berliner Stadtverordnete und Magistratsmitglieder zu sehen. Öffnungszeiten: Mo-Sa 9-18 Uhr.

„20. Juli – Aufstand der Anständigen?", fragen am 17. Juli bei einer Podiumsdiskussion Frank Stern, Wolfgang Wippermann, Frank Brendle und Jürgen Rose. Ort: Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin, um 14 Uhr.

Der ADFC Berlin veranstaltet am
26. Juli eine Radwanderung „Sommerabend am Liebnitzsee". In Buch geht's los, nähere Infos bei Katharina Grasegger, fon: 4348343.

Am 25. August, 17 Uhr, lädt das Ökumenische Frauenzentrum Evas Arche ein zu einem Friedhofsrundgang „Dichterin, Heldenmädchen, Selbstmörderin. Frauengräber auf den Sophienkirchhöfen". Details unter fon: 2827435.

scheinschlag sucht

auch weiterhin Leute, die über Stadtpolitik schreiben können und wollen: Bezirkspolitik von oben wie von unten, Umstrukturierungen der Arbeitswelt, Stadtentwicklungstendenzen, außergewöhnliche Kulturprojekte, Eisbärenjagd oder den gesellschaftlichen Wandel in Berlin. Bei Interesse wendet euch bitte an die Redaktion, fon: 28599063,

e-post: info@scheinschlag.de.

scheinschlag braucht

edle Spender, die uns finanziell unterstützen. Um diese außergewöhnliche Zeitung auch weiterhin erscheinen lassen zu können, hoffen wir auf die Solidarität und Großzügigkeit unserer Leserinnen und Leser. Überweisungen bitte an: VBD e.V., Konto-Nr. 608005906, BLZ 86010090, Postbank Leipzig. Stichwort „Spende VBD", dann können Spendenquittungen ausgestellt werden. Danke.

scheinschlag lädt ein

zum Offenen Autorentreffen ins Café Village Voice, Ackerstraße 1a. Über künftige Autoren, Fotografen und Illustratoren freuen wir uns, auch Neugierige sind willkommen. Das nächste Treffen findet am Sonnabend, den 12. August, um 14 Uhr statt.

 
 
 
Ausgabe 06 - 2006 © scheinschlag 2006