Ausgabe 11 - 2002 | berliner stadtzeitung scheinschlag |
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Weihnachten 2003 (Teil I)Fröhlichkeit
Auch dem feinsinnigen Betrachter erschließt sich die Schönheit dieser Arrangements nicht auf Anhieb. Oft werden sie als billig, gar prollig verachtet als ob das ein Argument wäre. Erst wenn sie weg sind, fehlt einem was. In meiner Straße zum Beispiel gibt es immer weniger Liebhaber echter Weihnachtsfröhlichkeit. Da sitzen nur noch dezente Akademiker hinter den Fenstern, die sie mit schweren, maisgelben Tüchern verhängen, dazu allenfalls ein schweifloser, mit einer einzigen Glühbirne matt beleuchteter Stern aus von mir aus echtem Holz. Ist ihre Studentenzeit einmal um, sind diese protestantischen Geizknochen zu keinem Exzeß mehr fähig. Die ganze Adventszeit hocken sie in ihrer kargen Biedermeier-Idylle herum und raunen besinnliches Zeug ins Kerzenlicht. Wie ist es möglich, daß diese Besinnlichkeit" nicht mit dem Ende des Kaiserreichs aus unserem Wortschatz verschwunden ist? Ich kenne niemanden, der dieses Wort aussprechen kann, ohne sich dumm vorzukommen oder es zu sein. Das Wort Fröhlichkeit" hingegen klingt ein wenig trashig, aber nicht zu sehr. Es erlaubt Ironie, ohne sie zu erzwingen; es ist ein schönes Wort und auch ein nützlicher Begriff. Fröhlichkeit find ich gut. Ich kauf mir jetzt einen Schwibbogen. Otto Witte Foto: Amélie Losier |
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Ausgabe 11 - 2002 | ||||||||||