Ausgabe 11 - 2002 berliner stadtzeitung
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Irrationalität am Kunstmarkt

Nach den Terroranschlägen vom September 2001, die die wichtigste Kunsthandelsmetropole der Welt, New York, empfindlich getroffen hatten, schauten Galeristen und Auktionatoren sorgenvoll in die Zukunft. Wichtige Auktionen wurden verschoben, die Art Basel sagte gar ihre Tochtermesse in Miami ab.

Auch der Absturz der Börse und damit einhergehend das Ausbleiben der Dotcom-Millionäre verursachten bei so manchem Kunsthändler Sorgenfalten auf der Stirn. Dazu kam dann auch noch der Streit um die Restitution von enteigneten und arisierten Kunstwerken.

Doch nun können viele Kunsthändler wieder auf ein überaus zufriedenstellendes Jahr zurückblicken. Viele reiche Leute haben keine Lust mehr auf sinkende Aktienkurse und legen ihr Geld wieder in Kunst an. Das spiegelt sich vor allem in der Überrepräsentanz junger Maler auf den Kunstmessen wider. Man hat genug von den Spielereien mit Video und Computer; handfeste Wertarbeit ist wieder gefragt. Vielleicht fühlen sich aber auch viele bei Videokunst nur an ihre Verluste am Neuen Markt erinnert. Die Documenta in Kassel brachte kaum Impulse ­ zu politisch und konzeptionell für die meisten Sammler.

Auch einen sensationellen Rekord hat es dieses Jahr wieder gegeben: Am 10. Juli wurde bei Sotheby's für den Preis von 49,5 Millionen Dollar ein Bethlehemischer Kindermord von Peter Paul Rubens versteigert. Das dritteuerste Gemälde aller Zeiten hing bis vor kurzem noch als unbedeutende Arbeit eines Rubensschülers in einem österreichischen Kloster.

Daraus kann man zum einen schließen, daß für Spitzenwerke auch in Krisenzeiten immer genug Geld da ist. Man kann aber auch schlußfolgern, daß sich der Kunstmarkt völlig unabhängig, meist sogar konträr zur allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung verhält und immer einen Schuß von Irrationalität aufweist. 2002 war ein Jahr, das diese Behauptung wieder auf das Deutlichste belegte.

sp

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  Ausgabe 11 - 2002