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			Das Mahnmal mahnt nicht
					Viel ist über die neue Lust an Denkmälern geschrieben worden, nur eins nicht: daß sie Spaß machen. Dieses vernachlässigte Potential ins Bewußtsein gerufen zu haben, ist das Verdienst der WBM, die für ihr neuestes Wohnbauprojekt mit bemerkenswerten Bildern wirbt: strahlend weiße Luxus-Fassaden hinter gesundem Straßengrün, davor aber  und dies scheint den besonderen Kick auszumachen  jede Menge gruselige Betonstelen. Zwischen Cora-Berliner- und Gertrud-Kolmar-Straße, also direkt am geplanten Holocaust-Mahnmal, sollen ab Anfang nächsten Jahres 110 Eigentumswohnungen der allerobersten Kategorie entstehen. Offenbar ist die Zielgruppe dieses Projekts  durchweg schwerreich und entsprechend anspruchsvoll  mit einem gewöhnlichen Tierparkblick kaum zu ködern; nur die Aussicht auf das Holocaust-Mahnmal verspricht die nötige Exklusivität. Die Leute scheinen sie zu mögen, diese Aussicht. Schlimmer hätte der arme Eisenman nicht scheitern können: So verstörend und morbid hat der Architekt sein Stelenfeld konzipiert, und nichts hat er erreicht als ein bißchen wohligen Grusel und viel, viel Erleichterung. Groß ist die Freude über die erfolgreich absolvierte Entschuldigung, die schöne Geste unseres guten Landes: Es ist gesühnt! An der Selbstgefälligkeit der Berliner Republik perlt jeder moralische Gewitterguß ab. Die gräßlichsten Prophezeiungen der Mahnmalsgegner haben sich bewahrheitet: Das Monument weckt nicht Scham, sondern Zufriedenheit.
					 
					
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