Ausgabe 11 - 2001 berliner stadtzeitung
scheinschlag

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Kurzkultur

Exilkunst

Bereitschaft zum Risiko hat sich das mittlerweile zum vierten Mal stattfindende „Festival of Exiles" auf die Fahnen geschrieben. Den „Live-Kontext" stellt der Prater dar; vorgestellt werden „Komponisten/Musiker/Performer", die sich in kein „gängiges Raster", vermutlich auch in keine Schublade einordnen lassen wollen ­ aber welcher Komponist/Musiker/Performer wollte das schon? Etwas vermessen ist es nun doch, wenn von in Berlin wirkenden Australiern oder Briten behauptet wird, sie lebten im „Exil". Aber dann ist da ja immerhin noch das Haider Kamal Trio aus Afghanistan, wo seit einiger Zeit ein völliges Musikverbot herrscht, das in diesen Kriegszeiten auf besonderes (außermusikalisches) Interesse hoffen darf.

„Festival of Exiles IV", am 29. und 30. November ab 22 Uhr im Bastard@Prater, Kastanienallee 7-9, Prenzlauer Berg

Avantgardekunst

In der Akademie der Künste läuft noch bis zum 9. Dezember die vom Arnold Schönberg Center in Wien erstellte Ausstellung Schönberg in Berlin. Ab 1925 hatte der Komponist, der bereits 1901 für einige Zeit nach Berlin gegangen war, mit seiner Kompositionsprofessur an der Preußischen Akademie der Künste endlich eine gesicherte Existenzgrundlage, 1933 floh Schönberg vor der nationalsozialisten Regierung und die Nöte begannen im Exil von neuem. Seine Berliner Schüler, Nikos Skalkottas etwa oder Roberto Gerhard, sind nie so bekannt geworden wie ihre Wiener Vorgänger Alban Berg und Anton Webern; ihre Musik gilt es in Konzerten zwischen dem 29. November und dem 2. Dezember zu entdecken, ergänzt durch Vorträge wie den von Heinz-Klaus Metzger: „Schule, Originalität, Epigonentum". In der Ausstellung kann man auch Schönbergs Entwurf für einen Berliner Umsteigefahrschein von 1927 bewundern (siehe scheinschlag 9/01).

„Schönberg in Berlin", noch bis zum 9. Dezember in der Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, Tiergarten, www.adk.de

Glaskunst

Kunstgalerien gibt es nicht nur in Mitte und im Wedding, nein, sogar in Hellersdorf. Im Fall von Norbert Horenk und Hartmut Bechmann muß gleichwohl mehr von Glas- als von Kunstschaffen die Rede sein. Horenk zeigt kleine bis mittlere Glasgefäße, gefertigt in einer Technik, die „vom Fließen, vom Aufblasen, Ziehen, Stauchen lebt" (Dietlinde Schirmacher); Bechmann hingegen erarbeitet Formen, die sich partout nicht beschreiben, sondern nur entdecken lassen. Also, auf nach Hellersdorf!

„Tradition und Gegenwart in der Glaskunst. Arbeiten von Norbert Horenk und Hartmut Bechmann", noch bis zum 12. Januar im Neuen Kunstquartier, Fritz-Lang-Str. 5, Hellersdorf

Kitschkunst

Geheimnisse der Weihnachtszeit? Ge-meint sind Adventskalender aus 100 Jahren, die vom 18. November bis zum 6. Januar im Museum Europäischer Kulturen in Dahlem gezeigt werden. Ein „europäischer Weihnachtsmarkt" am 8. und 9. Dezember ergänzt die Schau ebenso wie ein Vortrag über schlesische Weihnachtskrippen, den Dagmara Sosnowska-Pluta am 15. Dezember um 19 Uhr im fernen Dahlem hält.

„Geheimnisse der Weihnachtszeit. Adventskalender aus 100 Jahren", vom 18. November bis zum 6. Januar 2002 im Museum Europäischer Kulturen, Im Winkel 6/8, Dahlem, Di bis Fr 10-18 Uhr, Sa und So 11-18 Uhr

Galeristenkunst

Grenzenloses Sein ­ was immer das auch sein soll, darüber staunt jedenfalls die in Berlin ansässige US-Amerikanerin Sheila Barcik. Alle Aspekte einer „erfüllten, aber auch tragischen Schöpfung" kommen in ihren Zeichnungen laut Ankündigung der galerie weisser elefant zum Tragen, nein: eher zum Kreiseln, denn nichts ist „fest umrissen". Nun, so bescheuert wie diese Galeristenprosa können Zeichnungen gar nicht sein! Also, mal sehen und vielleicht staunen, keineswegs jedoch zu tragisch nehmen das alles.

„Sheila Barcik: Zeichnungen", vom 17. November bis zum 15. Dezember in der galerie weisser elefant, Auguststr. 21, Mitte, Di bis Fr 14 bis 19 und Sa 13 bis 17 Uhr

Klangkunst

Glücklicherweise kümmern sich einige der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hierzulande noch in vorbildlicher Weise um Klangkunst. Die hochkarätige, vom 18. bis 23. November in der Akademie der Künste stattfindende 15. Woche des Hörspiels ist die jährliche Leistungsschau dieses Métiers. In Workshops werden Klassiker von Mauricio Kagel, Ludwig Harig und Urs Widmer diskutiert, im Wettbewerb treten aktuelle Produktionen an. Das sind diesmal Werke u.a. von John von Düffel, Ronald Steckel und Sibylle Berg.

15. Woche des Hörspiels, vom 18. bis 23. November in der Akademie der Künste, Hanseatenweg 10, Tiergarten, www.adk.de

Erzählkunst

Die in Berlin lebende Schweizer Slawistin Judith Arlt ist eine verdienstvolle Vermittlerin polnischer Literatur in Deutschland. Sie ist selbst Autorin und hat nun die ungewöhnliche Biographie der Lina Bögli ausgegraben, einer Schweizer Schriftstellerin, die 1882 eine Weltreise unternommen hat.

„Lina Bögli: Judith Arlt liest aus dem Leben dieser ungewöhnlichen Frau", am 11. Dezember um 20 Uhr im Frieda Frauenzentrum, Proskauer Str. 7, Friedrichshain

Filmkunst

Zweimal DDR-Alltag ­ beide Male wollte die Führungselite offenbar nicht, daß das Volk über die Zustände im Land informiert werden. Mitte der achtziger Jahre drehte der Regisseur Thomas Heise Das Haus, einen Film über die Bezirksverwaltung Mitte im Berolinahaus am Alex, und Die Volkspolizei: Unter Umgehung des Dienstwegs begleitete der Filmemacher Polizeibeamten bei ihrer Arbeit. Die Dokumentationen wurden verboten.

„Das Haus" und „Die Volkspolizei" im Babylon, Rosa-Luxemburg-Str. 30, Mitte, am 20. November um 20.30 Uhr und am 21. November um 19 Uhr

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