Ausgabe 08 - 2000berliner stadtzeitung
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Bus und Bahn wieder einmal teurer

Höhere Fahrpreise sind umweltbelastend und unsozial

Es ist schon ein umwelt- und sozialpolitischer Irrsinn: Statt die Preise zu senken, um mehr Fahrgäste für den umweltfreundlichen Personennahverkehr zu gewinnen, passiert genau das Gegenteil. Am 1. August wurden die Fahrpreise im Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) um durchschnittlich 2,7 Prozent erhöht. Dieses erneute Drehen an der Preisspirale löst die Berliner Verkehrsprobleme mit Dauerstau, Lärm und Dreck in den Innenstadtbezirken nicht. Außerdem vergrößern sich durch sinkende Fahrgastzahlen die Finanzprobleme der BVG.

Die von der BVG eingeführten Neuerungen wie das Arbeitslosenticket und das Semesterticket erweisen sich eindeutig als Mogelpackung. Seit dem 1. August gibt es in Berlin ein Arbeitslosenhilfeticket zum Preis von 45 Mark im Monat. Das gilt allerdings nur für eine Minderheit der Arbeitslosen, die Arbeitslosenhilfe beziehen. Damit wird der Beschluss des Abgeordnetenhauses vom September 1999, der die Einführung eines Arbeitslosenmonatstickets für alle Berliner Erwerbslosen zum Preis von 40 Mark vorsah, nicht umgesetzt. Beim geplanten Semesterticket für Studierende - 215 Mark für den Tarifbereich ABC - verzögert der Verkehrsverbund die Vertragsverhandlungen mit den Studierendenschaften unnötig, so dass das Ticket wahrscheinlich nicht mehr zum Wintersemester 2000/01 an den Hochschulen eingeführt werden kann.

Die Argumente der BVG für die Fahrpreiserhöhungen - "Höhere Beförderungsentgelte sind leider unumgänglich. Ökosteuer sowie allgemeine Preissteigerungen, haben uns zu diesem Schritt gezwungen" - sind nur innerhalb einer Verkehrspolitik überzeugend, die weiterhin auf staatliche Subventionierung des Individualverkehrsmittels Auto setzt. Diese umweltfeindliche Politik verfolgt nach wie vor der Berliner Senat. So stiegen nach Angaben des Berliner Fahrgastverbandes IGEB e.V. die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten in Berlin seit 1995 um rund vier Prozent, während die Fahrten mit Bussen und Bahnen im Durchschnitt um 30 Prozent teurer wurden. Damit wird das Nahverkehrsticket besonders für Familien immer mehr zum Luxusartikel.

Hier sollte Berlins Verkehrssenator Strieder (SPD) sich im Senat sowie beim VBB zum Beispiel für eine Tarifsenkung um 30 Prozent einsetzen. Die vom Senat beschlossene Kürzung der Zuschüsse für Investitionen im Nahverkehr von bisher 400 Millionen auf 230 Millionen Mark im nächsten Jahr, sowie die neuen Nahverkehrspläne der Deutschen Bahn AG zur Ausdünnung und Privatisierung des Berliner Bus- und Bahnnetzes sprechen leider gegen eine Wende in der Berliner Verkehrspolitik.

Deshalb sind für die Durchsetzung einer ökologischen Verkehrspolitik in Berlin weiterhin Aktionen der Bürger erforderlich. Die "Reclaim The Streets Party" vom 29. Juli, die DGB-Kundgebung vor dem Roten Rathaus am 31.Juli sowie die Aktion von Bündnis 90/Die Grünen, die am 1. August gültige BVG-Fahrscheine für drei Mark verkauften, waren erst der Anfang.

Jochen Mühlbauer

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  Ausgabe 08 - 2000