Ausgabe 05 - 2000berliner stadtzeitung
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Flickschusterei

Das Parkhaus Treptow soll aufgelöst werden

Im "Parkhaus Treptow" werden keine Autos abgestellt. Dass niemand bei dem Namen an eine Großgarage denkt, liegt am Renommee, das sich das Haus in der Puschkinallee 5 seit 1959 als nichtkommerzieller Kulturort erarbeitet hat. Doch das Parkhaus ist gefährdet. Die Treptower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hat im April überraschend beschlossen, das Parkhaus mittelfristig aufzugeben.

Eine Hälfte des Hauses ist zuvor an den ehemaligen Eigentümer rückübertragen worden. Obwohl die andere Hälfte des Hauses schon dem Bezirk Treptow gehört und im Haushalt bereits 600000 Mark für den Kauf der zweiten Hälfte eingeplant waren, hat die BVV nun entschieden, dass die voraussichtlichen Kosten für einen eventuellen Erhalt den "Nutzen" dieser kulturellen Einrichtung übersteigen . Nach einem Kauf müsse der Bezirk das Haus umfangreich sanieren, meint Kulturstadtrat Joachim Stahr (CDU), das könne zwei bis drei Millionen Mark kosten.

Die einzelnen Bestandteile des multifunktionalen Kulturhauses sollen auf verschiedene Standorte in Treptow verteilt werden, zum Beispiel soll sich das Theater im künftigen Bürgerzentrum in der Ortolfstraße ansiedeln und der traditionsreiche Jazzkeller in den Keller des Rathauses in der Neuen Krugallee ziehen. Der Ratskeller ist dazu allerdings nicht ausreichend ausgestattet, doch die Parkhaus-Leute kritisieren den BVV-Beschluss grundsätzlich: "Das Parkhaus Treptow versteht sich mit allen seinen Einrichtungen als eine Einheit", sagt André Witkowski vom Verein "parKHaus Kulturkunst e.V." und spricht von einer "Zerschlagung" des Parkhauses. Als umfassender Kulturstandort mit Theater, Galerie, Ateliers, Druckwerkstatt, Lesungen und Konzerten ist das Parkhaus in Treptow einzigartig und ohne nichtkommerzielle Alternative.

Das Parkhaus wirft der BVV-Mehrheit vor, ohne sach- und fachgerechte Informationen die Auflösung besiegelt zu haben und ihre Mitverantwortung für die Berliner Kulturpolitik zu verweigern. In der Tat stellt sich die Frage, ob die Entscheidung einen ausschließlich finanziellen Hintergrund hat und ob der Bezirk überhaupt ein Interesse am Erhalt des Parkhauses hat. Wie hoch muss der kulturelle "Nutzen" sein, damit er in Zeiten knapper öffentlicher Kassen einer Kosten-Nutzen-Rechnung standhalten kann?

"parKHaus Kulturkunst" und "Jazzkeller 69 e.V." wollen sich jedenfalls mit ihrer Abwicklung nicht abfinden und haben eine Unterschriftensammlung und Mailingaktionen gestartet. Auch eine Spendensammlung ist geplant, um die Kaufsumme für die zweite Haushälfte selbst aufzubringen.
Jens Sethmann

Unterstützer jeglicher Art bitte melden unter fon 29 49 11 12 oder Mail parkhaus.treptow@myokay.net

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