Ausgabe 05 - 1999berliner stadtzeitung
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Grüne Blockkante am Gormann-Dreieck

Wer in diesem Frühjahr durch die Spandauer Vorstadt schlendert und das hier nicht gerade in üppigem Maß vorhandene Grün sucht, wird ohne Zweifel an einer Stelle erfreut einen neuen kleinen Park entdecken. Die Rede ist vom sogenannten Gormann-Dreieck auf dem Grundstückszwickel am U-Bahn-Eingang Weinmeisterstraße zwischen Rosenthaler und Gormannstraße. Wo bisher ein kahles Stück Rasen kaum Aufenthaltsqualitäten für die Kiezbewohner bot, wird ab Ende Juni ein mit Bäumen, Büschen und Sträuchern bepflanzter Platz für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Durch eine "grüne Blockkante" vom Lärm der Rosenthaler Straße abgeschottet, wird man sich hier auf Parkbänken ausruhen können.

Eine Reihe aus zwanzig Ahorn-Bäumen ist an der Rosenthaler Straße bereits gepflanzt, dahinter eine langgezogne Hecke aus Hainbuchen. Zusammen bilden sie als "grüne Blockkante" einen gelungenen Kompromiß zwischen den Belangen des Denkmalschutzes, der Stadtplanung, des Grünflächenamtes und nicht zuletzt den Bewohnern des Gebietes, die sich über die Betroffenenvertretung Spandauer Vorstadt stark für das Entstehen dieses Parkes engagiert haben.

In dem Anfang der 90 er Jahre entstandenen Rahmenplan für das Sanierungsgebiet war nämlich an dieser Stelle noch eine Bebauung vorgesehen. Das Gormann-Dreieck galt als Baulücke, die städtebaulich zu schließen sei - wie so viele andere Kriegslücken im Gebiet. In dem ältesten noch weitgehend erhaltenen Stadtteil von Berlin sollten die historischen Gebäudefluchten und Blockkanten wieder hergestellt werden. Der unmittelbar nach der Wende stark erhitzte Grundstücksmarkt in Berlin verlangte zudem nach innerstädtischen Bauflächen. Nicht nur das Gormann-Dreieck war davon betroffen, auch der Platz vor dem S-Bahnhof Hackescher Markt (Am Zwirngraben) und der Sportplatz auf der Großen Hamburger Straße galten als zu bebauendes Gebiet.

Umdenkprozeß bei Freiflächen

Mitte der 90er Jahre setzte jedoch ein Umdenkprozeß ein. Zum einen kühlte sich der Grundstücksmarkt nach der peinlichen Olympia-Pleite und nach dem Zusammenbruch des "Schneider"-Immobilienimperiums merklich ab. Zum anderen wuchs die Kritik an dem Leitgedanken der steinernen historischen Rekonstruktion des Stadtgrundrisses in der Spandauer Vorstadt. Viele Bewohner erlebten mit, wie von spontaner Vegetation begrünte und von der Nachbarschaft als Erholungsraum genutzte Brachflächen bebaut wurden und die kleinen grünen Inseln, die der Spandauer Vorstadt bis dahin einen eigenen Reiz gegeben hatten, nach und nach verschwanden. Nicht nur in der Betroffenenvertretung regte sich daher die Kritik am Rahmenplan, der die Bebauung dieser Grundstücke zum Sanierungsziel erhob. Bei vielen brachliegenden Grundstücken verhindert allerdings Rückübertragung bzw. Privatbesitz die Festsetzung als Grünfläche - die Eigentümer müßten entschädigt werden, das ist in größerem Umfang bei den knappen Kassen des Landes Berlin nicht möglich. Dort wo sich die Flächen jedoch in Landesbesitz befinden - das ist beim größten Teil des Gormann-Dreiecks der Fall, forderte die Betroffenenvertretung die Änderung des Rahmenplanes.

Das gelang beim Zwirngraben. Der Senat stimmte einer Änderung des Rahmenplanes zu, hier soll jetzt ein Stadtplatz entstehen. Zur Zeit toben die Debatten, ob sich der Nachtbusknoten, den die BVG dort einrichten will, mit dem geplanten Charakter dieses Platzes verträgt. Für das Gormann-Dreieck verweigerte der Senat jedoch bislang seine Zustimmung zu einer Änderung des Rahmenplanes. Hier beschloß lediglich die Bezirksverordnetenversammlung von Mitte die Aufstellung eines Bebauungsplanes mit dem Ziel der Schaffung eines Grünbereiches. So kann man die Neugestaltung dieses Platzes durch das Grünflächenamt also durchaus auch als politische Geste verstehen. Der Bezirk schafft mit der politischen Rückendeckung der BVV Fakten, hinter die der Senat nur schwerlich zurück kann - etwa indem der die Grundstücke des Gormann-Dreiecks dem Liegenschafts-Fonds zuschlägt und zur Sanierung der Landeskasse an bauwillige Investoren veräußert.

Der Bolzpaltz wird instandgesetzt

Durch die geschickte Inanspruchnahme von Fördermittel der Bundesanstalt für Arbeit und des Senates konnte das Grünflächenamt die finanziellen Mittel minimieren, die der Bezirk zur Gestaltung des Gormann-Dreiecks aufwenden muß. Der Platz wird von einer Landschaftsbau-Firma gestaltet, die für diesen Zweck beschäftigungswirksame Maßnahmen für Arbeitslose schafft. Dennoch können aufgrund der knappen Kassen nicht alle ursprünglich geplanten Maßnahmen verwirklicht werden. So war eigentlich geplant, eine der Banknischen mit einer Pergola zu überdachen und so eine "Weinlaube" zu schaffen. Darauf muß vorerst verzichtet werden. Mehrere Bänke - sowohl an der Rosenthaler Straße, als auch im eigentlichen Grünbereich werden jedoch noch aufgestellt. Zudem wird der Bolzplatz auf der nördlichen Seite des Gormann-Dreiecks instandgesetzt, neben einem parallel der Rosenthaler Straße laufenden Weg wird hier auch ein querlaufender Weg geschaffen. An der Ecke Gormann- und Steinstraße wird zudem ein kleiner Spielplatz mit einer Buddelkiste entstehen. Damit werden Anregungen der Betroffenenvertretung aufgegriffen und umgesetzt.

Nicht in die Grünfläche mit einbezogen sind jedoch die Grundstücke auf der nördlichen Seite des Dreiecks, die sich in Privatbesitz befinden bzw. restitutionsbefangen sind. Ein Investor, der in der Spandauer Vorstadt bereits in größerem Umfang aktiv geworden ist, hat auch hier Rückübertragungsansprüche aufgekauft und plant einen Neubau. Die notwendige sanierungsrechtliche Genehmigung wurde ihm jedoch bisher mit dem Hinweis auf das laufende Bebauungsplanverfahren verweigert. Der Senat muß jetzt seinen Widerspruch bearbeiten. Vielleicht werden im Zuge dieses Prozeßes ja auch die Differenzen zwischen Rahmenplan und Bebauungsplanentwurf geklärt.

Christof Schaffelder

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