Ausgabe 05 - 1999 | berliner stadtzeitung scheinschlag |
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Hamburger Musik für die Massen / Suomen musiikki joukoilleDie Sterne: Wo ist hier (Epic/L´Age d´Or) Tocotronic: K.O.O.K. (Motor/L´Age d´Or) ![]() Der Tango kam in den zehner Jahren aus Argentinien über Paris nach Finnland und nahm dort eine ganz eigene Entwicklung. Musikalisch vermischte sich der finnische Tango mit Elementen russischer Volksmusik und dem Rhythmus des deutschen Marsches, textlich dominiert nordische Schwermut. Der Tango hatte seine Blütezeit in den vierziger bis sechziger Jahren und war die Musik des ländlichen Finnlands. Die Texte handelten von der unvergessenen Heimat, der verlorenen Liebe oder dem unerreichbaren Märchenland. Grundsätzlich in Moll gespielt, drückte der finnische Tango eine tiefe Sentimentalität aus, die sich um die Grenze zum Kitsch nicht kümmerte. Die in den sechziger Jahren einsetzende Industrialisierung und Verstädterung Finnlands verödete ganze Landstriche und ließ die Stimmung noch depressiver werden. Vormals gefeierte Tangostars wie der Sänger Olavi Virta soffen sich reihenweise zu Tode oder erschossen sich wie der Komponist Unto Mononen. Der Tango war quasi tot, bis er in den Achtzigern langsam wiederentdeckt wurde. Der von Stephan Meier zusammengestellte Sampler enthält 24 Lieder aus den Jahren 1915 bis 1998. Dazu gehört ein hervorragendes Beiheft, das mit ethnographischer Akribie und viel Liebe die Geschichte des finnischen Tangos nachzeichnet. Gewissermaßen die schönste Platte aller Zeiten in der schönsten Sprache der Welt. Jensi Sethimäinen
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Ausgabe 05 - 1999 |